STUTTGART. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat für 2023 eine „Verschiebung des materiellen Wohlstands“ in Deutschland prognostiziert. Für die „wichtigen Dinge des Lebens“ wie Nahrung, eine warme Wohnung und Mobilität müsse die Bevölkerung künftig tiefer in die Tasche greifen, sagte er dem Tagesspiegel.
Das Denken der Kriegsgeneration kehre aktuell zurück. Sein Vater habe immer gesagt: „Erst das Notwendige, dann das Nützliche, dann das Angenehme“. Derzeit müsse das Notwendige getan werden, um nicht mehr abhängig von Ländern wie Rußland zu sein.
Die „größte und wichtigste Aufgabe“ für die Politik sei es, die Bevölkerung in dieser Zerreißprobe zusammenzuhalten. Dazu gehöre, den Menschen immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, daß Rußlands Präsident Wladimir Putin der „wahre Schuldige an der Misere“ sei. Die hohen Energiepreise seien das Ergebnis seines Angriffskrieges.
Kretschmann: Dürfen keine Zeit verlieren
Eine große Aufgabe im noch jungen Jahr sei indes ein Umbau der deutschen Wirtschaft. Die Politik dürfe nun „keine Zeit mehr verlieren“. Wenn nicht schleunigst Maßnahmen ergriffen würden, werde die Bundesrepublik bald abgehängt.
Deutschland müsse sich mit einer klimaneutralen Wirtschaft als wettbewerbsfähig erweisen und Arbeitsplätze schaffen. Als Problem sehe er aktuell unter anderem eine Überbürokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft, monierte Kretschmann.
Wirkung eines Tempolimits werde überschätzt
Ziel sei es, ein „kopierfähiges, nachhaltiges und attraktives Wirtschaftssystem“ mit Vorbildcharakter zu generieren. Gegenüber extremen Maßnahmen zeigte sich der Grüne aber skeptisch: „Der Glaube, daß wir mit dem radikalsten Klimaschutz die Welt retten können, ist trügerisch“.
Ein Tempolimit in Deutschland befürworte er. Allerdings werde die Wirkung einer solchen Vorgabe auf die globale Erwärmung überschätzt. „Ob wir ein Tempolimit umsetzen oder nicht, ist für den internationalen Kampf gegen den Klimawandel völlig irrelevant“, stellte Kretschmann klar. (zit)