KRALSRUHE. Die AfD hat vor dem Bundesverfassungsgericht einen Teilerfolg errungen. Das Gericht stufte die bisherige Förderung von parteinahen Stiftungen als zum Teil verfassungswidrig ein. Anstatt die Gelder mit einfacher Mehrheit im Haushaltsausschuß des Bundestags zu bewilligen, brauche es ein Fördergesetz.
Die Nichtberücksichtigung der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) „bei der Zuweisung von Globalzuschüssen für die gesellschafts- politische und demokratische Bildungsarbeit im Bundeshaushalt 2019 greift in das Recht der Antragstellerin auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb“ ein, urteilten die Richter. Das Verfahren, ob die DES für das Haushaltsjahr 2022 Mittel aus dem Bundeshaushalt erhält, wurde jedoch vorerst vertagt und wird Thema in einem gesonderten Verfahren.
Grundsätzlich wirkten „sich staatliche Leistungen – unmittelbar oder mittelbar – auf die Stellung und die Handlungsspielräume der Parteien im politischen Wettbewerb aus“, betonten die Richter. Wegen der grundgesetzlich garantierten Chancengleichheit der Parteien bedürfe es „eines eigenständigen Parlamentsgesetzes, an dem es hier fehlt“. Heißt: Der Bundestag muß ein eigenes Stiftungsgesetz beschließen. Das Gericht deutete allerdings an, Stiftungen könnten sehr wohl von der staatlichen Unterstützung ausgeschlossen werden. Insbesondere, wenn dadurch der „Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ sichergestellt würde.
Stiftung will nun Mittel beantragen
Die AfD zeigte sich erfreut über das Urteil. Dieses bedeute „zunächst einen Zugewinn an Transparenz für die gesamte Stiftungslandschaft und beendet die diesbezüglichen Mauscheleien im Haushaltsausschuss. Hiermit wird eine Verbesserung für das gesamte demokratische Gefüge in diesem Land erzielt“, sagte Bundesvorstandsmitglied Peter Boeringer. Er erwarte nun, daß die DES-Stiftung in den kommenden Bundeshaushalten entsprechende Mittel bekäme.
Die Vorsitzende der Stiftung, Erika Steinbach, nannte das Urteil eine „schallende Ohrfeige“ für Bundestag und Bundesregierung. Mit der Entscheidung habe die DES nun die Möglichkeit, nachträglich für 2019 entsprechende Mittel zu beantragen, was sie auch unverzüglich tun werde.
DES geht seit Jahren leer aus
Hintergrund: Die Erasmus-Stiftung war bei der Vergabe von staatlichen Fördermitteln aus dem Bundeshaushalt in den Jahren 2018 bis 2022 nicht berücksichtigt worden. Ein entsprechender Antrag der Bundestagsfraktion der AfD wurde von den anderen Fraktionen zuletzt während der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses im Mai 2022 abgelehnt.
Zuvor hatte bereits die Bundesregierung in ihrem Entwurf für den Bundeshaushalt 2022 die DES nicht berücksichtigt, sondern die im Einzelplan des Bundesinnenministeriums vorgesehenen fast 132 Millionen Euro ausschließlich auf die Stiftungen verteilt, die den übrigen sechs im Bundestag vertretenen Parteien nahestehen. Eine Begründung dafür teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT nicht mit, sondern verwies auf die alleinige Zuständigkeit des Gesetzgebers: „Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages entscheidet, welche Zuwendungsempfänger in welcher Höhe bei der Verteilung der Globalzuschüsse berücksichtigt werden. Das Bundesinnenministerium setzt diese Entscheidung dann um.“
Alle „politischen Grundströmungen“ müssen berücksichtigt werden
Mit der Annahme des gemeinsamen Antrags der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Grünen, FDP und Die Linke war eine weitere Erhöhung der Gelder für deren parteinahe Stiftungen beschlossen worden. So erhielt die Friedrich-Ebert-Stiftung, die der SPD nahe steht, knapp 37 Millionen Euro an sogenannten Globalzuschüssen für 2022, der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit bekam rund 14,5 Millionen Euro, der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung wurden fast 41 Millionen zugesprochen, der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung knapp zwölf Millionen Euro, der den Grünen nahestehenden Heinrich-Böll-Stiftung knapp 14 Millionen Euro und der Rosa-Luxemburg-Stiftung (Linkspartei) etwas mehr als 14 Millionen Euro.
Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1986 müssen allerdings „alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen in der Bundesrepublik Deutschland“ bei der Förderung politischer Stiftungen angemessen berücksichtigt werden. Als gängige Praxis galt dabei immer, daß Gelder dann ausgezahlt wurden, wenn die der Stiftung nahestehende Partei mindestens zweimal hintereinander in den Bundestag gewählt wurde. Dies trifft auf die AfD mittlerweile zu. Darüber hinaus ist sie in fast allen Landtagen vertreten. (ho)