André Krillwitz überlegt kurz. „Im Endeffekt muß es ja um die Sache gehen. Darum, was das Beste für die Stadt ist.“ So habe man schließlich auch zuvor schon gearbeitet – sach- und nicht parteienorientiert. Etwa bei Anträgen.
Die Stadt, das ist in diesem Fall Bitterfeld-Wolfen. Und was das Beste für sie sein mag, darüber können die Bürger am 8. Oktober abstimmen. Zeitgleich zur Landtagswahl in Bayern und Hessen ruft die achtgrößte Stadt Sachsen-Anhalts an die Urne, um einen neuen Oberbürgermeister zu küren.
Es ist Stichwahl. André Krillwitz ist seit 2014 Ortsbürgermeister von Wolfen und Vorsitzender der Wählervereinigung Pro Wolfen. Ende September trat im ersten Wahlgang der Oberbürgermeisterwahl an und landete mit 21,4 Prozent auf dem dritten Platz. Armin Schenk von der CDU erreichte mit 29 Prozent den zweiten Platz. An die Spitze schaffte es der Kandidat der AfD, Henning Dornack – 33,7 Prozent.
Herzlichen Glückwunsch an Henning #Dornack für bärenstarke 33,8% und den verdienten Einzug in die Stichwahl! #BitterfeldWolfen pic.twitter.com/fLLXIWynvA
— Kay-Uwe Ziegler MdB (@KayUweZiegler71) September 24, 2023
Wenn die AfD 2G abschafft – und alle mitmachen
„Ich möchte keine Wahlempfehlung abgeben, aber meiner Ansicht nach, ist der derzeitige Amtsinhaber nicht geeignet“, betont Krillwitz. Der Amtsinhaber, das ist seit 2016 Unionsmann Schenk. Wenn Krillwitz von „sachorientierter Arbeit für die Stadt“ spricht, scheint er damit offenbar nicht ihn zu meinen.
Fest steht: der Stadtrat ging zuvor ungewöhnliche Wege. Als die AfD-Fraktion im Februar 2022 einen Antrag für die Abschaffung aller 2G-Regeln „in Gastronomie, Hotellerie, Handel und Dienstleistung“ einreichte, war das Ergebnis eindeutig: 16 Stimmen dafür, fünf Stimmen dagegen und neun Enthaltungen. Im Stadtrat sitzen dabei allerdings nur acht AfDler.
Irgendwoher müssen die zusätzlichen Stimmen also gekommen sein. Von wem sie mutmaßlich nicht stammten, deutete ein Änderungsantrag an, den die SPD, die Grünen und die FDP zur Abstimmung reichten.
„Die Zusammenarbeit im Stadtrat läuft einfach reibungslos“
Dort wurde dazu aufgerufen „weiterhin zusammen zu stehen, bestehende Regeln zu beachten und sich impfen zu lassen“. Auch solle der Stadtrat deutlich machen, daß er sich „klar gegen alle Versuche durch Desinformation und Wissenschaftsleugnung unsere Demokratie zu destabilisieren“, stelle. Der Änderungsantrag blitzte ab. SPD, Grüne und FDP kommen im Stadtrat gemeinsam allerdings auch auf lediglich sechs Sitze.
Zuletzt fruchtete diese besondere Zusammenarbeit Ende September, als AfD-Mann Dornack und der Pro-Wolfen-Vorsitzender Krillwitz gemeinsam Fördermittel für die Freiwillige Feuerwehr beantragten – 31 Ja-Stimmen, keine Stimmte dagegen und eine Enthaltung.
„Die Zusammenarbeit im Stadtrat läuft einfach reibungslos“, erzählt auch AfD-Kandidat Dornack der JUNGEN FREIHEIT. „Wir haben gemeinsame Beschlußanträge, die wir vorher in gemeinsamen Gesprächen konsensfähig machen und dann durchboxen. Das klappt mit der SPD, mit der CDU und es klappt auch besonders gut mit Herrn Krillwitz von Pro Wolfen.“
„Schenk hat diese Möglichkeit nicht wahrgenommen“
Bei seinem Stichwahl-Konkurrenten Armin Schenk habe es dabei allerdings zeitweise gehapert, behauptet Dornack. Etwa bei dem Kampf um das Bitterfelder Erlebnisbad „Woliday“, welches im September des vergangenen Jahres seine Pforten schließen wollte. Der Grund: gestiegene Energiepreise und die Gasnotlage.
Der AfD, so erzählt es Dornack, sei es schließlich gelungen, einen Kredit für die Stadt zu bekommen und damit das Bad am Leben zu erhalten. Sogar zehn Millionen Euro Fördermittel seien am Ende für den Umbau des Bades zur Verfügung gestellt worden. „Schenk hat diese Möglichkeit nicht wahrgenommen. Dabei kann ich mir nicht vorstellen, daß er nicht von ihr wußte“, betont der AfD-Politiker.
Dornack sieht Potential in Bitterfeld
Sollte er Oberbürgermeister werden, sieht Dornack viel Potential in der Stadt. „Bei vielen Punkten bräuchte es gar nicht viel Geld, um die Zustände zu verbessern. Sondern nur eine bessere Organisation.“
Der AfD-Kandidat ist pensionierter Polizist. Es sei „ja kein Geheimnis, daß Polizeibeamte vergleichsweise früh in Rente gehen können“, sagte er im September der Mitteldeutschen Zeitung. Er fühle sich noch fit und würde „noch etwas leisten“ wollen.
Der CDU-Kandidat Armin Schenk wurde von der JUNGEN FREIHEIT ebenfalls um seine Einschätzungen gebeten. Bis zum Redaktionsschluß gab es von ihm keine Rückmeldung.