Unsere Gefängnisse platzen aus allen Nähten. Der Grund: Immer mehr Menschen leben in Deutschland, und damit steigt auch die Zahl der Inhaftierten. Auffällig ist dabei der Anstieg des Ausländeranteils unter ihnen. In Baden-Württemberg hat fast die Hälfte der Häftlinge keinen deutschen Paß.
Insgesamt 172 Justizvollzugsanstalten (JVA) gibt es in Deutschland. Die meisten befinden sich in Bayern und Nordrhein-Westfalen. Laut dem Statistischen Bundesamt befanden sich bis Ende März 2022 rund 42.500 Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in Haft. 90 Prozent der Kapazitäten seien ausgeschöpft, meldete jüngst die Welt. Der Vorsitzende der JVA-Beamten-Gewerkschaft in Niedersachsen, Oliver Mageney, sagte dem Blatt: „Derartige Belegungszahlen wünsche man sich bei booking.com, aber wir wünschen uns das nicht.“
Marode Bausubstanz in überfüllten Gefängnissen
Wie kommt es zu dieser Überbelegung? Die Welt nennt mehrere Gründe: Viele Haftanstalten seien veraltet. Die Bundesländer schöben einen enormen Sanierungsstau vor sich her. Die Nachrichtenagentur dpa meldete im Mai, mehrere Gefängnisse in Hessen seien laut dem Bund der Strafvollzugsbediensteten „hochgradig sanierungsbedürftig“. Das Bundesland wolle daher 800 Millionen Euro bis Ende 2030 in die Modernisierung seiner 16 Gefängnisse und der Jugendarrestanstalt in Gelnhausen investieren. In Hessen sitzen zurzeit 4.500 Gefangene ein.
Bis in die Neunzigerjahre gingen Experten von einer immer älter werdenden Gesellschaft aus. Greise begehen bekanntlich kaum oder gar keine Straftaten. Doch Mitte der 2010er Jahre änderte sich die Situation komplett. Das Justizministerium in Baden-Württemberg meldete, daß ab 2005 die Gefangenenzahlen bis Herbst 2015 durch eine stetige Abnahme der jährlichen Durchschnittsbelegung geprägt gewesen seien. „Dieser Rückgang hat seither ein Ende gefunden; die Gefangenenzahlen sind in erster Linie aufgrund der Zunahme ausländischer Gefangener insbesondere in den Jahren 2016 bis 2018 stark angestiegen und seither dauerhaft hoch geblieben.“
Immer mehr Häftlinge kommen aus dem Ausland
Von 2015 bis 2019 gab es mit Blick auf den Jahresdurchschnitt einen Zuwachs um 800 Gefangene. Aufgrund der Corona-Pandemie sei die Belegung seit Frühjahr 2020 zwar insbesondere mittels Aussetzung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen reduziert worden, doch seit Beendigung der corona-bedingten Maßnahmen zum Ende des Jahres 2022 nehme die Belegung wieder zu, so das Justizministerium. „Im Mai 2023 befanden sich bei einer Belegungsfähigkeit von 6.352 bereits wieder durchschnittlich 6.259 Gefangene im geschlossenen Vollzug.“
Und die Situation wird immer kritischer. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland rund 5,63 Millionen Straftaten polizeilich registriert, so Statista. Von der Gesamtzahl der registrierten Delikte wurden rund 3,23 Millionen Straftaten aufgeklärt. Das entspricht einer Aufklärungsquote von 57,3 Prozent. Das ist ein Minus gegenüber dem Vorjahr mit 58, 7 Prozent um 1,4 Prozentpunkte.
Vor allem Bedrohung, Raub und Asylbetrug nehmen zu
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) wurden im Jahr 2022 in Deutschland 2.093.782 Tatverdächtige von der Polizei ermittelt. 1.309.906 Tatverdächtige waren deutsche Staatsangehörige. Ein Plus von 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 783.876 mutmaßliche Straftäter waren Ausländer. Das ist ein Anstieg um 22,6 Prozent. Unter den Nichtdeutschen waren 310.062 Verdächtige Zuwanderer. Die Zahl hat sich im Vergleich zu 2021 um 35 Prozent erhöht.
Vor allem die Zahl von ganz bestimmten Verbrechen ist zuletzt deutlich angestiegen. Die Bandbreite der Straftaten ist groß. Neben Bedrohung und Raub zählen dazu auch Vergewaltigung und Betrug. Am stärksten sind in dem Zeitraum zwischen 2021 und 2022 allerdings Straftaten wie Asylrechtsverstöße angestiegen, nämlich um 53 Prozent oder 78.976 Fälle. Raubdelikte hingegen sind um fast 27 Prozent mehr zu verzeichnen, was fast 8.000 Taten entspricht. Bei Sexualstraftaten wie Vergewaltigung beträgt der Zuwachs 20 Prozent – umgerechnet fast 2.000 Fälle.