RAGUHN-JESSNITZ/MAGDEBURG/BERLIN. Nach dem Sieg des AfD-Landtagsabgeordneten Hannes Loth bei der Bürgermeisterwahl im sachsen-anhaltinischen Raguhn-Jeßnitz hat erneut eine Debatte über den Umgang mit der Partei eingesetzt.
Die Wähler hatten Loth mit 51,1 Prozent in das kommunale Amt gewählt. Die AfD stellt damit erstmals einen hauptamtlichen Bürgermeister. Der Landesvorsitzende, Martin Reichardt, sieht darin ein Signal: „Das heißt, daß wir auch über 50 Prozent der Wähler für uns mobilisieren können. Das ist ein hervorragendes, ein ganz wichtiges Zeichen auch an die politische Konkurrenz.“ Die CDU müsse sich überlegen, ob sie ihre Brandmauern noch aufrechterhalten wolle.
Kretschmer: „Es gibt mehr als eine Meinung“
Der Landrat des Kreises Anhalt-Bitterfeld, in dem Raguhn-Jeßnitz liegt, Andy Grabner (CDU), warnte dagegen vor weiteren Erfolgen der AfD: „Wenn die Politik, die momentan die Ampel-Regierung vollzieht, so bestehen bleibt, werden das nicht der letzte Bürgermeister und der letzte Landrat der AfD gewesen sein“, sagte er der dpa. Nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch bundesweit könnte das in Zukunft die politische Richtung sein.
Sein Parteifreund, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, sieht in den Siegen Loths und Robert Sesselmanns bei der Landratswahl im thüringischen Sonneberg ebenfalls ein grundsätzliches Phänomen: „In diesem Land gerät etwas ins Rutschen“, sagte er den Funke-Zeitungen. Das AfD-Hoch erklärte er damit, daß die Menschen verstört seien, wie Politik gemacht werde in Deutschland. „Wir müssen anerkennen, daß es mehr als eine Meinung gibt.“
Kretschmer: „Energiewende, Heizungsgesetz, Flüchtlingspolitik und Rußland-Embargo haben der AfD den Sieg gebracht. Diese Themen drohen die Gesellschaft zu zerreißen.“ Politiker griffen zu „Schuldzuweisung und Abgrenzung, statt sich mit unangenehmen Wahrheiten auseinanderzusetzen“. Das sei nicht verantwortungsvoll. „Es muß jetzt um Sachfragen gehen.“
Grüne: Keine Zusammenarbeit mit der AfD
Alarmstimmung herrscht auch bei den Grünen. Sachsen-Anhalts Landesvorsitzender Dennis Helmich erklärte, für seine Partei sei klar, daß es „mit diesem Bürgermeister auf keiner Ebene eine Zusammenarbeit geben kann und wird“. Er betonte: „Stattdessen werden wir dort für Aufmerksamkeit sorgen, wenn sich der zukünftige Bürgermeister gegen geltendes Recht wendet, um die Agenda seiner rechtsextremen Partei durchzudrücken.“ (fh)