KÖLN. Der Islamismus- und Integrationsexperte Ahmad Mansour hat der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) Naivität wegen ihrer Erlaubnis des öffentlichen Muezzin-Rufs vorgeworfen. Diesen nur in den Kontext der Religionsfreiheit zu stellen, sei „sträflich naiv“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Es handele sich vielmehr um „eine Machtdemonstration des politischen Islam“.
Hintergrund sind Verhandlungen der Stadt Köln mit dem türkisch-islamischen Verband Ditib über eine Regelung, wonach der Imam einmal wöchentlich von der Zentralmoschee in der Rheinmetropole aus zum Gebet rufen darf. Das könnte schon an diesem Freitag erstmals der Fall sein.
Mansour befürchtet, daß sich konservative Moslems dadurch bestätigt fühlten und dies „als einen wichtigen Schritt hin zur Islamisierung Europas“ sehen werden. Weitere Forderungen seien dann die Folge.
Muezzin-Ruf sei konkrete religiöse Botschaft
Die Frage des öffentlichen Muezzin-Rufes stelle zudem die Frage nach der Gleichberechtigung des Islam in Deutschland. „Ist er wirklich gleichberechtigt? Wenn das so ist, dann müßten Muslime auch staatliche Feiertage einfordern können und vieles andere mehr. Und eben das wird jetzt geschehen“, prophezeite Mansour.
Der Islamwissenschaftler erläuterte, anders als bei Kirchengeläut gehe es beim Muezzin-Ruf nicht nur um den Klang. „Beim Muezzin-Ruf geht es um konkrete religiöse Botschaften. Das ist also ein deutlicher Unterschied zu einfachem Läuten.“ Zudem erinnerte Mansour daran, daß die Ditib der verlängerte Arm der türkischen Religionsbehörde sei.
Die Initiative beschäftigt die Domstadt schon länger. In der Vergangenheit hatte es bereits mehrfach Kritik an Oberbürgermeisterin Reker gegeben. Auch in anderen Städten von Nordrhein-Westfalen erregten ähnliche Vorstöße bereits die Gemüter. Dabei lehnte eine Mehrheit der Deutschen in einer Umfrage vom Oktober 2021 den Muezzin-Ruf ab. (ag)