BERLIN. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat die christlichen Kirchen aufgefordert, sich noch nachdrücklicher von antijüdischen Bildern und Skulpturen an ihren Gotteshäusern zu distanzieren. „Lange wurde die öffentliche Zurschaustellung beleidigender, judenfeindlicher Darstellungen weder aufgearbeitet, noch kritisch kommentiert. Daran hat sich vieles geändert, auch wenn die Distanzierung immer noch keine Selbstverständlichkeit darstellt“, sagte er am Sonntag während einer Fachtagung zum Umgang mit antisemitischen Abbildungen in Kirchen, berichtete die Nachrichtenagentur KNA.
Er wünsche sich, daß entsprechende Darstellungen an Kirchen gekennzeichnet und darüber aufgeklärt werde. „Ein Benennen und Offenlegen judenfeindlicher Motive ist wichtig, um den Blick auch für die allgegenwärtigen Formen von Antisemitismus zu schärfen“, betonte Schuster. Eine bloße Entfernung der Skulpturen und Reliefs greife zu kurz. Das „würde die Phänomene von Antisemitismus, die weiterbestehen, verkennen“.
In der Vergangenheit hat es beispielsweise um das „Judensau“-Relief an der Wittenberger Stadtkirche eine Kontroverse gegeben. Im Februar 2020 entschied das Oberlandesgericht Naumburg, daß es hängen bleibt.
Zentralratspräsident äußert sich kritisch zu Ofarim
Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa äußerte sich Schuster zudem am Wochenende zurückhaltend zum angeblichen Antisemitismusvorfall um den Sänger Gil Ofarim im Westin Hotel Leipzig vor rund einem Monat. „Wenn der Vorfall sich nicht in ähnlicher Form abgespielt hat, wie er von Gil Ofarim dargestellt wurde, dann muß ich sagen, hätte ich für sein Verhalten überhaupt kein Verständnis. In diesem Fall hätte Gil Ofarim dem Kampf gegen Antisemitismus einen Bärendienst erwiesen.“
Der Musiker hatte in einem Video behauptet, wegen seiner Kette mit einem Davidstern von einem Hotelmitarbeiter diskriminiert worden zu sein. Doch ein Gutachten und Ermittlungsergebnisse der Polizei nährten Zweifel an Ofarims Version.
Direkt nach dem angeblichen Vorfall hatte Schuster eine Entschuldigung des Hotels verlangt. Er räumte ein, zunächst keine Zweifel an der Aussage Ofarims gehabt zu haben. Er betonte jedoch, seine damalige Stellungnahme sei nicht voreilig gewesen.
Die Vorsitzende der Amadeu Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, beklagte in dem Zusammenhang am Montag in der Bundespressekonferenz „die zum Teil verharmlosenden Debatten“ über Ofarim, „die offenbarten, wie mit Betroffenen umgegangen wird“. Zugleich führte sie aus: „Grundsätzlich gibt es keine gesellschaftliche Gruppe, aus der kein Antisemitismus hervorgehen kann“.
„Grundsätzlich gibt es keine gesellschaftliche Gruppe oder keine gesellschaftliches Milleu aus dem kein Antisemitsmus hervorgehen kann.“ Genau das ist das Problem und mache den Kampf #GegenJedenAntisemitismus so schwierig, so @anetta2552. #BPK 12/
— Amadeu Antonio Stiftung (@AmadeuAntonio) November 8, 2021
(ag)