Vor zwei Wochen trat Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) stolz vor die Kameras. Er präsentierte die Ergebnisse einer Razzia, in deren Verlauf auch die Villa eines bekannten Clans in Leverkusen durchsucht und mehrere Personen verhaftet wurden.
Der Christdemokrat sprach von einem „Schlag gegen die Erste Liga der Clan-Kriminalität“. Einer der Verhafteten sei „einer der Top-Leute der Clan-Kriminalität“ in NRW.
Doch damit nicht genug. Reul lies markige Worte folgen: „Wir haben hier heute nicht nur ein hochkarätiges Clan-Mitglied festgenommen, sondern ihm auch das Zuhause weggenommen. Die Villa in Leverkusen gehört schon in wenigen Stunden nicht mehr den Kriminellen.“ Als neuer Eigentümer werde der Staat ins Grundbuch eingetragen. „Und wenn das nicht zeigt, wie handlungsstark der Rechtsstaat ist, dann weiß ich das auch nicht mehr.“
SPD: Reuls Aussagen enttäuschen Bürger
Aber offenbar ist der Rechtsstaat nicht so durchsetzungsstark, wie Reul damals weiß machen wollte. So berichtete der Kölner Stadt-Anzeiger, daß laut einem Bericht von NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) keine Eigentumsumschreibung beantragt wurde, sondern nur ein Veräußerungsverbot. Das heißt: Die Villa gehört nach wie vor dem Clan, seine Angehörigen wohnen weiterhin dort. Sie können das Gebäude lediglich nicht ohne Zustimmung des Landes verkaufen.
Klingt so, als habe Reul damals den Mund zu voll genommen. Das kritisierte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Düsseldorfer Landtag, Sven Wolf. „Die Nachbarn sehen jetzt, daß der Clan da noch immer wohnt und sich nichts geändert hat“, ärgerte er sich gegenüber dem Blatt. „Jetzt entsteht der Eindruck, als ob der Rechtsstaat sich nicht durchsetzen kann. Herr Reul gefährdet mit solchen falschen Versprechen die Erfolge des Rechtsstaats im Kampf gegen Clans.“ Das führe zu Enttäuschung.
Im Innenministerium bewertete man die Sachlage ganz anders und verwahrte sich gegen solche Vorwürfe. Die Aussage von Reul, der Staat werde ins Grundbuch eingetragen, habe den „technischen Prozeß veranschaulichen“ sollen. Das Verkaufsverbot bereite die spätere Einziehung der Villa vor, betonte ein Sprecher des Ministers gegenüber der Zeitung.
Reul unterliegt der JF
Zudem räumte er ein, daß der Innenminister schlechterdings bestimmen könne, wer wo wohne. „Über die Angemessenheit von Wohnraum entscheidet im Übrigen das Sozialamt.“
Es ist nicht das erste Mal, daß Reul mit seinen Formulierungen einen falschen Eindruck erweckte. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf darf der Minister nicht mehr behaupten, die Lektüre der JUNGEN FREIHEIT könne als Warnsignal für eine rechtsextreme Gesinnung gewertet werden.
Das hatte Reul im vergangenen Jahr geäußert im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Polizisten wegen rechtsextremer Tendenzen. Doch die Richter sahen darin „Eingriff in den Schutzbereich der grundrechtlich verbürgten Pressefreiheit“ der JF.