HANNOVER. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat eine Identifizierungspflicht für soziale Netzwerke gefordert. Wer unter einem Pseudonym in den sozialen Netzen aktiv sei, müsse bislang keine echten Daten beim Anbieter hinterlassen – das müsse sich ändern, sagte der SPD-Politiker der Neuen Osnabrücker Zeitung.
„Wir brauchen eine Identifizierungspflicht. Nach im Netz begangenen Straftaten muß auf hinterlegte Identitätsdaten zurückgegriffen werden können, um eine effektive Strafverfolgung zu ermöglichen“, konkretisierte Pistorius seinen Vorstoß. Allerdings bedeute dies noch keine Klarnamenpflicht. „Natürlich soll sich jeder und jede im Netz anonym bewegen können.“
Möglich wäre eine Log-in-Falle
Das Thema wolle er bei der Innenministerkonferenz von Mittwoch bis Freitag auf die Tagesordnung bringen. Die Innenminister sprechen sich laut Pistorius für einen solchen Schritt aus, einige Netz-Politiker seien aber dagegen. Der Sozialdemokrat schlägt vor, sogenannte Log-in-Fallen zu nutzen. Wenn ein Nutzer für einen Aufruf zur Gewalt oder Hetze gemeldet wird, könnten Ermittler ein solches Programm einrichten. Die Falle würde dann zuschnappen, sobald sich der Verdächtige das nächste Mal mit seinem Account anmeldet.
Auf diese Weise könnte auf eine Identifikationspflicht für alle Nutzer verzichtet werden. „Das wäre ein lohnenswerter, datensparender Ansatz, der nur diejenigen ins Visier nimmt, die strafrechtlich in Erscheinung treten“, erklärte Pistorius. Auch geht der SPD-Politiker davon aus, daß die Plattformen mitziehen werden. „Weil Facebook und Co. keine Schmuddelecke werden wollen, kein Hort von Haß und Hetze und Extremismus.“
Die Bundesregierung war nach der Novellierung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) 2020 in die Kritik geraten, daß die Regelung nicht hart genug seien. Auch Pistorius sagte nun, das neue NetzDG umfasse nicht alle gängigen Plattformen. Außerdem sei die Identifizierung von einzelnen Nutzern nach wie vor schwierig.
Bundesregierung geht gegen Telegram vor
Unterdessen kündigte das Bundesjustizministerium an, gegen den Messenger-Dienst Telegram vorzugehen. Hintergrund sei, daß die Beschwerdemöglichkeiten über strafbare Inhalte nicht leicht erkennbar und erreichbar seien, sagte eine Sprecherin laut der Deutschen Presse-Agentur am Montag in Berlin. Dies sei allerdings durch das NetzDG vorgeschrieben.
Außerdem sei nicht klar, wohin sich Gerichte bei Telegram wenden könnten, wenn jemand juristisch gegen das Unternehmen vorgehen. Das NetzDG erlaubt es Nutzern jedoch, vor Gericht zu ziehen, wenn sie ihre Rechte verletzt sehen. An Telegram mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten seien zwei Schreiben geschickt worden. Das Unternehmen können nun dazu Stellung nehmen. (ls)
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