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Innenministerkonferenz: Innenminister fordern differenziertere Erfassung von antisemitischen Straftaten

Innenministerkonferenz: Innenminister fordern differenziertere Erfassung von antisemitischen Straftaten

Innenministerkonferenz: Innenminister fordern differenziertere Erfassung von antisemitischen Straftaten

Judenhass in Berlin
Judenhass in Berlin
Junger Araber und Türken verbrennen eine Israel-Flagge in Berlin (Archivbild) Foto: picture alliance/dpa
Innenministerkonferenz
 

Innenminister fordern differenziertere Erfassung von antisemitischen Straftaten

Die Innenminister von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, Thomas Strobl und Herbert Reul (beide CDU), fordern, antisemitische Straftaten differenzierter zu erfassen. Dies soll auf der nächsten Sitzung der Innenministerkonferenz ab Mittwoch verhandelt werden.
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BERLIN. Die Innenminister von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, Thomas Strobl und Herbert Reul (beide CDU), haben angeregt, antisemitische Straftaten deutschlandweit differenzierter zu erfassen. Dies soll auf der nächsten Sitzung der Innenministerkonferenz ab Mittwoch verhandelt werden, wie die Welt am Montag berichtete.

„Das Thema Antisemitismus in Deutschland ist so ernst und wichtig wie kaum ein anderes – gerade vor dem Hintergrund unserer Geschichte“, sagte Reul. Für die bisherige Erfassungspraxis bei diesen Straftaten habe es gute Gründe gegeben, aber die Sicherheitsbehörden lernten täglich dazu.

„Rechtsextrem, linksextrem oder aus dem Ausland importiert“

„Rechtsextrem, linksextrem oder aus dem Ausland importiert – Antisemitismus hat unterschiedliche Facetten. Das haben auch die Vorgänge an der Gelsenkirchener Synagoge noch einmal deutlich gezeigt. Um gezielt gegen die unterschiedlichen Ausprägungen von Antisemitismus vorzugehen, brauchen wir eine präzise und differenzierte Analyse. Deshalb gehen wir hier mit einem gemeinsamen Vorstoß voran“, betonte er gegenüber der Zeitung.

Strobl (CDU) erklärte, daß die Erfassung in seinem Bundesland bereits geändert worden sei. „Wir waren hier in Baden-Württemberg Vorreiter, aber es ist dringend geboten, sich daran bundesweit zu orientieren“. Nur so könne man „Ausbreitungen früh erkennen und verhindern und gezielt Maßnahmen ergreifen, um gegenzusteuern“.

Nun solle die „Ausfüllanleitung“ bei der Erfassung der Täter dahingehend geändert werden, daß fremdenfeindliche sowie antisemitische Straftaten dem jeweils zutreffenden Phänomenbereich ‘Politisch motivierte Kriminalität (PMK) rechts’, ‘PMK links’, ‘Ausländer’ oder ‘religiös’“ zuzuordnen seien. Andernfalls solle die Kategorie „nicht zuzuordnen“ gewählt werden.

Keine „generalisierende und standardisierte Zuordnung“ mehr

Dieses Vorhaben der Innenminister stellt eine Abkehr zur bisherigen Praxis dar. Bisher seien nämlich nicht eindeutig zuzuordnende antisemitische Straftaten pauschal in die Kategorie „PKM rechts“ einsortiert worden, „wenn sich aus den Umständen der Tat und/oder der Einstellung des Täters keine gegenteiligen Anhaltspunkte zur Tätermotivation“ ergeben hätten. Die Innenministerkonferenz solle sich nach dem Wunsch der Innenminister nun dafür aussprechen, daß diese „generalisierende und standardisierte Zuordnung zum Phänomenbereich ‘PMK rechts’ unterbleibe“.

Dennoch werde davon ausgegangen, daß der Schwerpunkt antisemitischer Straftaten weiterhin der „PMK rechts“ zuzuordnen sei, wie der Begründung des Vorstoßes der Innenminister laut Welt zu entnehmen ist. Für 2020 sind laut dem Blatt 90 Prozent der registrierten Fälle Rechtsextremisten zugeschrieben worden.

Zusätzlich liege „ein tief verwurzelter Antisemitismus unter Muslimen“ vor, der sich im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt entwickelt habe“ sowie in „Einzelfällen ein antizionistischer Antisemitismus“ in der linksradikalen bis linksextremistischen Szene.

704 Straftaten in den ersten fünf Monaten 2021

Für die ersten fünf Monate dieses Jahres wurden dem Bundeskriminalamt insgesamt 704 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund gemeldet. Dies ergab eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Anton Friesen (AfD) vom Juni dieses Jahres. Darunter waren zehn Gewalttaten sowie 85 Propagandadelikte vermerkt worden.

619 der gesamten Fälle – zu denen auch Tatbestände wie Erpressung, Sachbeschädigungen, Nötigung, Volksverhetzung oder Beleidigungen zählen – wurden der Kategorie ‘PMK rechts‘, 21 dem Phänomenbereich ‘Ausländer’, fünf dem Bereich ‘religiös’, einer dem ‘PMK links’ zugerechnet und 58 der Straftaten seien nicht zuzuordnen gewesen.

„704 antisemitische Straftaten bis zum 31. Mai dieses Jahres sind 704 zu viel. Ob rechts, links oder religiös-islamisch motiviert: die AfD verurteilt jegliche Form von Antisemitismus“, sagte Friesen der JUNGEN FREIHEIT. „Nach Einschätzung des American Jewish Committee (AJC) und weiterer Experten geben jedoch solche Statistiken nicht die Realität wider.“

Rund die Hälfte der antisemitischen Straftaten in Deutschland seien demnach nicht eindeutig weltanschaulich zuzuordnen, werden aber als „rechts“ klassifiziert. „Ich fordere die Bundesregierung auf, diese politisch motivierte Kategorisierung schnellstens zu ändern – im Sinne einer wahrheitsgemäßen Erfassung der antisemitischen Straftaten in Deutschland.“ (hl)

Junger Araber und Türken verbrennen eine Israel-Flagge in Berlin (Archivbild) Foto: picture alliance/dpa
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