BERLIN. Der Vizepräsident der Wissenschaftsakademie Leopoldina, Robert Schlögl, hat angesichts weiter stark steigender Corona-Inzidenzen die Bevölkerung zu sofortiger Kontaktreduzierung aufgerufen. Nur so könne mehr Zeit gewonnen werden, um mehr Menschen zu impfen, sagte er dem RBB Inforadio. „Damit nicht die fünfte Welle kommt“, warnte er.
Zudem kritisierte die Akademie, die Politik habe es bislang versäumt, neue Corona-Maßnahmen zu erlassen. Diese seien notwendig, um die derzeitige Welle zu bremsen, anderenfalls drohe den Krankenhäuser der Kollaps wegen Überlastung.
Bereits am Sonntag hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an die Bürger appelliert, ihre sozialen Kontakte einzuschränken. „Wichtig ist, daß wir jetzt alle gemeinsam handeln. Halten wir uns an die Regeln, reduzieren wir noch einmal unsere Kontakte. Tun wir es, damit Schulen und Kitas nicht wieder schließen, damit wir das öffentliche Leben nicht wieder vollständig herunterfahren müssen“, schrieb das Staatsoberhaupt in der Bild-Zeitung.
Heil wirbt für Corona-Impfpflicht
Wegen der Nichteinhaltung von Corona-Regeln prüft unterdessen das Ordnungsamt der Stadt Köln Bußgelder gegen den Fußballbundesligisten 1. FC Köln, wie die Behörde mitteilte. Während des Derbys gegen Borussia Mönchengladbach trugen viele der 50.000 Zuschauer keine Masken. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) hatte gegenüber der Bild-Zeitung angesichts der Bilder aus dem Kölner Stadion von einer nicht akzeptablen Situation gesprochen.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte ebenfalls die vollen Stadien am Wochenende. Mit dem neuen Infektionsschutzgesetz der Ampel-Koalition könnten solche Veranstaltungen jedoch künftig abgesagt werden.
Volle Fußballstadien. Ich frage mich, was die, die auf Intensiv arbeiten, von diesem Land denken, wenn sie das übermüdet und am Ende der Kraft sehen😡 Wirklich Null Verständnis dafür. Und ja: mit dem neuen Gesetz kann man Veranstaltungen absagen! #Fussball #Corona #maske #fckoeln
— Katrin Göring-Eckardt (@GoeringEckardt) November 27, 2021
Ebenfalls in der Bild-Zeitung machte sich der geschäftsführende Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dafür stark, noch vor Weihnachten eine Impfpflicht für das Personal von Kliniken und Pflegeheimen umzusetzen. „Ich finde es richtig, daß wir in einem ersten Schritt noch vor Weihnachten dafür sorgen, daß es zum Beispiel in Kliniken, in Pflege-, Alten- und Behinderteneinrichtungen eine Impfverpflichtung gibt.“ Auch eine allgemeine Impfpflicht ist in seinem Sinne.
Corona-Variante Omikron erreicht Deutschland
Daß eine Corona-Impfpflicht für alle mit dem Grundgesetz vereinbar sei, äußerte der Leiter der Abteilung für Medizin- und Biorecht an der Universität Göttingen, Gunnar Duttge. „Daß das Grundgesetz eine Impfpflicht nicht zulasse, ist ein weit verbreiteter Irrtum. In Wirklichkeit kann der Staat unter Wahrung des Ordnungsrahmens der Grundrechte sehr viel machen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Unterdessen ist die neue Variante des Coronavirus mit der Bezeichnung Omikron in Deutschland angekommen. Am Wochenende bestätigte sich ein Verdachtsfall in Hessen, wie der Sozialminister Kai Klose auf Twitter mitteilte. Zwei weitere Fälle wurden in München registriert. Auch weitere Länder weltweit verzeichneten erste Fälle der zunächst in Südafrika aufgetretenen Variante. Neben Botswana sind auch Kanada, Australien, Holland, Dänemark und die Schweiz betroffen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.
Das Robert-Koch-Institut vermeldete am Montag einen neuen Höchstwert der Sieben-Tage-Inzidenz von 452,4. Vor einer Woche lag er bei 386,5. Innerhalb eines Tages meldeten die Gesundheitsämter demnach 29.364 Neuinfektionen. Die höchsten Inzidenzen verzeichneten Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. (ag)