Das Hambacher Schloß gilt als wichtigstes Symbol der deutschen Demokratiebewegung im 19. Jahrhundert. 1832 hatten beim Hambacher Fest Zehntausende für Freiheit, Bürgerrechte und die nationale Einheit protestiert. Diese bedeutende historische Stätte gilt es zu bewahren. Dafür ist die Stiftung Hambacher Schloß zuständig.
Zu ihren Aufgaben gehört es, „das Hambacher Schloß als Kulturdenkmal zu erhalten, die Dauerausstellung zu pflegen und weiterzuentwickeln, den Stiftungszweck fördernde Veranstaltungen zu planen und durchzuführen, sowie durch sonstige Maßnahmen, Veranstaltungen und Projekte die historische Stätte zu beleben und zu ihrer Pflege beizutragen“, liest man auf der Internetseite des Landes Rheinland-Pfalz.
Doch wer zu einer solchen Belebung beitragen will, muß künftig die richtige politische Gesinnung mitbringen. Am Montag beschloß die Stiftung ein Maßnahmenpaket zur „Stärkung des Hambacher Schlosses als Ort der Demokratiegeschichte“. Der Vorsitzende, der scheidende Landeswissenschafts- und Kulturminister Konrad Wolf (SPD), betonte: „Mit Sorge beobachten wir, wie in jüngster Zeit das Hambacher Fest, aber auch das Gedenken an andere Ereignisse und Personen der deutschen Geschichte von rechtspopulistischen, teilweise nationalistischen Kräften vereinnahmt wird.“ In einem neuen Leitbild würden „menschenfeindliche, antidemokratische und chauvinistische Anschauungen“ nun ausgeschlossen.
„Neues Hambacher Fest“ von Max Otte im Visier
Der Name fiel bei der Präsentation des Maßnahmenpakets nur am Rande, doch maßgeblich zielen die neuen Regelungen gegen das „Neue Hambacher Fest“, das 2018 von dem Fondsmanager und Publizisten Max Otte ins Leben gerufen wurde und seither für Kritik bei linken Politikern und Organisationen sorgt. Die Stiftung habe bereits rechtliche Schritte eingeleitet, um die Nutzung des Namens „Neues Hambacher Fest“ im Zusammenhang mit Ottes Veranstaltung zu untersagen, teilte Wolf mit.
Auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT versucht ein Sprecher des Kulturministeriums zu beschwichtigen: Es gehe nicht darum, einer Person von vorneherein zu untersagen, Veranstaltungen auf dem Hambacher Schloß zu organisieren. „Es gibt eine Einzelfallprüfung.“ Veranstalter müßten vorher das Thema, die Redner oder Teilnehmer bekanntgeben, dann werde entschieden, ob die Festlichkeit den Leitlinien entspreche. Ob Ottes Fest oder AfD-Veranstaltungen darunterfallen, wollte der Sprecher nicht konkret sagen.
Otte zeigte sich auf JF-Nachfrage gelassen. Er habe Wolfs Verlautbarungen „mit Interesse zur Kenntnis genommen“. Gegen das „Neue Hambacher Fest“ könne das neue Maßnahmenpaket aber nicht gerichtet sein, „da sich das Fest um die besten demokratischen Traditionen Deutschlands bemüht und sehr nahe am Original ist“. Der Ökonom, der bis Anfang des Jahres Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung war, geht davon aus, daß er weitere solcher Veranstaltungen auf dem Schloß organisieren könne. Dafür würde er notfalls auch vor Gericht ziehen. „Ein Verbot dieses Festes würde den Gedanken dieses Festes ad absurdum führen.“
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Prädikat „Demokratiefeindlichkeit“ wird heute schnell vergeben
Ob das „Neue Hambacher Fest“ weiter stattfinden kann, dürfte sehr davon abhängen, welche Redner dort auftreten. Denn das Prädikat „menschenfeindliche, antidemokratische und chauvinistische Anschauung“ wird heute schnell vergeben. Zum Beispiel wurde dem früheren SPD-Politiker und Bestseller-Autor Thilo Sarrazin mehrfach unterstellt, er sei „menschenfeindlich“. Sarrazin trat 2018 auf dem „Neuen Hambacher Fest“ auf.
2019 referierte dort der Volkswirt Markus Krall. Ihm wird regelmäßig „Demokratiefeindlichkeit“ vorgeworfen, unter anderem weil er in einem Buch den Gedanken äußerte: „Wer vom Staat, und damit von seinen Mitbürgern und Mitwählern, Geld entgegennimmt, sei es als Bürger in Form von Sozialtransfers oder als Unternehmer in Form von Subventionen, geht nicht wählen.“ Dies prangert regelmäßig der linke Soziologe Andreas Kemper an, der auch schon mit der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung zusammenarbeitete.
Die Beispiele zeigen: Wer will, der kann sehr schnell „Demokratiefeindlichkeit“ oder „Menschenfeindlichkeit“ konstruieren. Und die politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen – Stichwörter: Identitätspolitik, Grünen-Hoch, Cancel-Culture – laufen derzeit gegen Otte. Der Stiftung Hambacher Schloß dürfte es nicht schwerfallen, wenn auch wackelige, so doch wirksame Argumente zu finden, um Otte und andere unliebsame Veranstalter auszuschließen. Auch wenn sie damit den Zielen des Hambacher Fests von 1832 klar widerstreben würde.