BERLIN. Der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) um vorrübergehende Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze gebeten. „Seit mehreren Monaten steigen die Zahlen der Aufgriffe nahezu explosionsartig an“, warnte Teggatz in einem Brief, aus dem die Bild-Zeitung am Montag zitierte.
Nur mit der Einführung temporärer Grenzkontrollen könne die Bundesregierung einen Kollaps wie 2015 verhindern. Die „Anzahl der Feststellung unerlaubter Einreisen und Schleusungen an der Grenze zu Polen“ entsprächen den Zahlen an der deutsch-österreichischen Grenze kurz vor der Flüchtlingskrise. Diese dürfe sich „nicht noch einmal widerholen“.
Teggatz mahnte weiter: „Auch sind unsere Kollegen einer erheblichen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt, da die SARS COV-2 Infektionen, insbesondere in den Herkunftsländern der Migranten (Irak, Syrien, Jemen, Afghanistan usw.) nach wie vor sehr hoch sind und nur sehr selten behördlich erfaßt werden.“ Schleuser würden Mindeststandarts in Sachen Hygiene und Gesundheitsschutz naturgemäß nicht beachten.
Im Mai hatte die weißrussische Regierung im Streit mit der europäischen Union angekündigt, Migranten zukünftig nicht mehr der Weiterreise nach Polen, Lettland und Litauen zu hindern. Seitdem steigt die Zahl der Grenzübertritte von Weißrußland in die EU stark an. Seit August sind auf diese Weise über 4.300 Migranten nach Deutschland gekommen.
"No Poland! No Poland! Germany! Germany!"
Около 70 мигрантов пытались прорвать заграждение из колючей проволоки на белорусско-польской границ pic.twitter.com/9nPjctSmf4
— Настоящее Время (@CurrentTimeTv) October 17, 2021
Weißrußland weist französischen Botschafter aus
Unterdessen hat die weißrussische Regierung den französischen Botschafter in Minsk, Nicolas de Lacoste, ausgewiesen. „Das belarussische Außenministerium hat gefordert, daß der Botschafter vor dem 18. Oktober ausreist“, teilte die französische Botschaft am Sonntag laut der Nachrichtenagentur AFP mit.
De Lacoste habe das Land inzwischen verlassen. Die Gründe für die Ausweisung sind noch unklar, allerdings habe sich der französische Botschafter dem Spiegel zufolge niemals bei der weißrussischen Regierung akkreditiert. Wie andere EU-Staaten erkennt Frankreich den Sieg Alexander Lukaschenkos bei der vergangenen Präsidentschaftswahl 2020 nicht an.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes bestätigte unterdessen, daß die Bundesregierung neue Sanktionen gegen das osteuropäische Land prüfe. Man verfüge über Informationen, wonach die Fluchtbewegung nach Polen, Lettland und Litauen „aktiv vom Regime in Minsk gesteuert wird“. Derzeit berate sich die Bundesregierung der Deutschen Presse-Agentur zufolge mit den Institutionen und Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Möglichkeiten, die weißrussische Regierung zum Einlenken zu bewegen. (fw)