BERLIN. Im Streit um die Aufnahme von Asylsuchenden aus griechischen Lagern haben Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kritisiert. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum das Bundesinnenministerium die Aufnahmebereitschaft engagierter Bundesländer wie Berlin und Thüringen in den Wind schlägt“, sagte Göring-Eckardt der Welt vom Freitag. Integration finde vor Ort statt und das Innenministerium dürfe hilfsbereite Länder und Kommunen nicht ausbremsen.
Bedford-Strohm betonte: „Jeder einzelne Mensch, der aus den katastrophalen Zuständen der Lager in Griechenland befreit wird, ist ein Erfolg.“ Deshalb sei jedes zusätzliche Engagement mehr als willkommen, sagte der EKD-Chef der Nachrichtenagentur dpa. „Bund, Länder, Kirchen und Zivilgesellschaft stehen bereit. Ich verstehe nicht, warum der Innenminister hier nicht zustimmt.“
Seehofer lehnt Berlins Landesaufnahmeprogramm ab
Wie am gestrigen Donnerstag bekannt wurde, hatte Seehofer zum wiederholten Mal ein Vorhaben Berlins über ein Landesaufnahmeprogramm abgelehnt. Die rot-rot-grüne Regierung in Berlin wollte 300 „besonders schutzbedürftig“ Asylsuchende aus Lagern auf der griechischen Insel Lesbos einfliegen. Auch Thüringen und Niedersachsen hatten an Seehofer appelliert, jeweils eigene Aufnahmeprogramme starten zu dürfen.
Ebenso sagten private Flüchtlingshilfsorganisationen ihre Unterstützung zu. Die Dresdner Organisation „Mission Lifeline“ etwa hatte Ende April mitgeteilt, sie habe genug Geld gesammelt, um Asylsuchende per Charterflug nach Deutschland zu holen. Das Bundesinnenministerium beharrt bislang auf einer deutschlandweit einheitlichen Linie. Die Bundesregierung übersiedelt derzeit in regelmäßigen Abständen insgesamt 930 Einwanderer aus Griechenland, die in Deutschland ihr Asylverfahren durchlaufen sollen. Auch am heutigen Freitag sollen weitere Migranten ankommen.
Seehofer strebt Lösung auf EU-Ebene an
Seehofer hatte am Donnerstag abend der dpa zufolge noch einmal eine Lösung auf EU-Ebene verlangt. „Kein Land der Welt kann die Migration allein bewältigen. Umso wichtiger ist es, daß wir bei der europäischen Asylpolitik endlich sichtbar vorankommen.“ Man sei auf einem guten Weg, ergänzte der CSU-Politiker. „Europa muß gemeinsam vorgehen. Das ist unverzichtbar. Für nationale Alleingänge stehe ich nicht zur Verfügung.“
Göring-Eckardt wies darauf hin, bei den geplanten Aufnahmeprogramme der Bundesländer gebe es mehr Zusagen als das Vorhaben des Bundesinnenministerium vorsähe. Deutschland solle deshalb zumindest so viele Personen aufnehmen, wie die Länder Plätze bereitstellten.
Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) wies entsprechende Forderungen zurück. „Es gibt erhebliche rechtliche und organisatorische Probleme für ein gesondertes Landesprogramm“, sagte er der Welt. Auch Nordrhein-Westfalen nehme 220 kranke Kinder sowie deren Angehörige auf und könne noch mehr tun. Die Koordination müsse aber beim Bund bleiben.
Gauland: „Löst das eigentliche Problem der Masseneinwanderung nicht“
AfD-Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland lobte Seehofers Entscheidung als „vollkommen richtig“. Fraglich sei jedoch, ob Seehofer bei seiner Entscheidung bleibe. Zudem bleibe der Innenminister inkonsequent. „Berlin die Aufnahme zu untersagen, nur um die Einwanderer dann in Regie des Bundes nach Deutschland zu bringen, löst das eigentliche Problem der Masseneinwanderung nicht“, teilte Gauland am Freitag mit.
Deutschland müsse die Pull-Effekte gänzlich abstellen. „Asylanträge müssen geprüft und entschieden werden, bevor die Antragssteller nach Deutschland gelangen“, forderte der AfD-Ehrenvorsitzende. „Anstatt jährlich unzählige Milliarden zur Beherbergung und Verpflegung illegaler Einwanderer in Deutschland aufzuwenden, sollte Deutschland besser dabei helfen, die Situation vor Ort zu verbessern.“ (ls)