BERLIN. Der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe hat dem Berliner Senat vorgeworfen, Badegäste zu bevormunden und frauenfeindlich zu handeln. Hintergrund ist ein Vorfall im Strandbad Plötzensee im Ortsteil Wedding. Eine junge Frau war dort vergangene Woche vom Sicherheitsdienst aufgefordert worden, ihre Brüste zu bedecken oder die Einrichtung zu verlassen.
Aus Protest verließ sie das Bad, berichtete der Berliner Kurier. Demnach hatte der Betreiber zunächst mitgeteilt, eine „Familie migrantischer Herkunft“ habe sich über die 28jährige beschwert. Er nahm diese Aussage später jedoch wieder zurück.
„Der Senat vertritt, wenn er bei der Auslegung der Badeordnung mit kultureller Tradition argumentiert, eine paternalistisch-konservative Position. Es war auch einmal Tradition, daß Frauen nicht wählen und nicht mit dem Auto fahren“, kritisierte Luthe. Der FDP-Politiker spielte dabei auf die Haus- und Badeordnung der Berliner Bäder an.
Unterschiedliche Kulturkreise und mit anderen Moralvorstellungen
Darin heißt es, man nehme zwar „keine ausdrücklichen Festlegungen vor, welcher Gast sich für welche Art der Bekleidung zu entscheiden hat“. Es gebe jedoch allgemeine Gepflogenheiten, die sich „durch langjähriges Praktizieren“ in der Gesellschaft etabliert hätten. Bereits 2018 hatte es im Abgeordnetenhaus eine Debatte darüber gegeben.
Dem Senat gehe es gar nicht so sehr um deutsche Traditionen, vermutet Luthe. Berlin stehe vor der Herausforderung, daß immer mehr Personen unterschiedlicher Kulturkreise und mit anderen Moralvorstellungen in die Stadt kämen. Das betreffe nicht nur Moslems. Frauen dürften jedoch nicht Opfer dieser Entwicklung werden.
„Ich will keine Sittenwächter, die im Freibad patrouillieren, nur weil eine kleine, aber lautstarke Minderheit mit einem offenbar paternalistischen Kulturverständnis das Rad der Zeit vor die Aufklärung zurückdrehen will“, betonte der Innenpolitiker.
Ähnlicher Vorfall in München
Ende Juni hatte ein ähnlicher Fall in München deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt. Der Sicherheitsdienst zwischen der Reichenbach- und Wittelsbacherbrücke an der Isar hatte Frauen ohne Bikinioberteile forsch darauf hingewiesen, daß das Nacktbaden hier verboten sei.
Die Sicherheitsmänner mit ausländischen Wurzeln sollen dabei seine Kompetenzen überschritten haben. Das zuständige Baureferat teilte auf Nachfrage der MünchnerAbendzeitungmit: „Das am Freitagnachmittag eingesetzte Personal handelte zunächst in der irrigen Meinung, es gehöre zu ihren Aufgaben, dies anzusprechen.“(ls)