BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Freitag in Berlin das „Klimaschutzprogramm 2030“ der Bundesregierung vorgestellt. „Wir leben heute nicht nachhaltig, das betrifft vor allem die Frage der Erderwärmung“, sagte Merkel. Es beeindrucke sie als Naturwissenschaftlerin, wenn Greta Thunberg sage „Unite behind the science“ (Vereint euch hinter der Wissenschaft). Denn es sei nicht so „daß wir hier irgendwas ideologisches machen“, betonte die Physikerin. Man wolle die Menschen dazu leiten, „ihr Verhalten zu ändern“.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach von einem „strategischen Marshall-Plan für Klimaschutz“. Es gehe um die Bewahrung der Schöpfung. „Wir senden damit nicht nur ein Signal ins eigene Land, sondern auch international“, freute sich der CSU-Chef. Auch wolle er „all den jungen Leuten, die in den letzten Monaten demonstriert haben Danke sagen“. Kritik an dem Paket kam von der Fridays-for-Future-Bewegung. Deren Sprecherin Luisa Neubauer sagte, die Maßnahmen seien „kein Durchbruch“, sondern ein „Skandal“.
„Deutschlands CO2-Emissionen machen gerade mal zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes aus“, sagte der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen der JUNGEN FREIHEIT. „Merkels Klimakabinett könnte also Deutschlands gesamte Industrie abschaffen, alle Autos und Kraftwerke stilllegen, und das alles hätte keine meßbaren Auswirkungen auf das Weltklima“, beklagte er. Der „geballte Irrsinn“ der Bundesregierung beruhe „auf der Klimareligion ökosozialistischer Schulschwänzer und deren linksgrüner Hintermänner“.
Kostenpunkt: 54 Milliarden Euro
Union und SPD hatten sich zuvor nach rund 18 Stunden Verhandlung auf ein Maßnahmenpaket geeinigt. Dieses sieht unter anderem einen Preis für den Ausstoß des Treibhausgases CO2 im Verkehr und bei Gebäuden vor. Dieser soll über Zertifikate gehandelt werden. Der Preis werde sich am europäischen Emissionshandel orientieren. Der Start soll 2021 erfolgen. Im selben Jahr sollen auch Benzin und Diesel um drei Cent und in den folgenden fünf Jahren bis auf zehn Cent pro Liter teurer werden.
Ab 2026 soll zudem der Einbau neuer Ölheizungen verboten werden. Wer seine alte Ölheizung gegen eine klimafreundliche Alternative eintauscht, erhält demnach eine Förderung in Höhe von 40 Prozent der Gesamtkosten. Derzeit heizt laut Statistischem Bundesamt jeder vierte Haushalt in Deutschland mit Öl. Im ganzen Land gibt es laut dem Institut für Wärme und Öltechnik 5,5 Millionen Öl-Heizungen.
Zugleich wird ab 2021 auch die Pendlerpauschale erhöht. Pro gefahrenen Kilometer zur Arbeit sollen dann 35 statt wie bisher 30 Cent steuerlich geltend gemacht werden können. Dies soll der Entlastung der Verbraucher im Tausch für einen CO2-Preis im Verkehr dienen. Auch die Mehrwertsteuer auf Bahn-Tickets soll sinken. Die Kosten des Klima-Pakets belaufen sich laut Finanzminister Olaf Scholz (SPD) auf rund 54 Milliarden Euro. „Fridays for Future hat uns alle aufgerüttelt“, sagte der Vizekanzler. Unter den Deutschen gibt es breite Zustimmung, dem Kampf gegen den Klimawandel Priorität vor wirtschaftlichem Wachstum einzuräumen. Fast zwei Drittel halten den Klimaschutz laut dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend für wichtiger als eine positive wirtschaftliche Entwicklung. (tb/ls)