BONN. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) hat vor Einschränkungen der Meinungsfreiheit an deutschen Universitäten gewarnt. „Die Toleranz gegenüber anderen Meinungen sinkt“, beklagt DHV-Präsident Bernhard Kempen. Das habe auch Auswirkungen auf die Debattenkultur an Universitäten.
Die insbesondere im anglo-amerikanischen Raum zu beobachtende Entwicklung, niemandem eine Ansicht zuzumuten, die als unangemessen empfunden werden könnte, verbreite sich auch in Deutschland, stellt Kempen fest. Im Streben nach Rücksichtnahme auf weniger privilegiert scheinende gesellschaftliche Gruppierungen forderten einige Akteure das strikte Einhalten einer „Political Correctness“. Parallel dazu wachse mit dem Erstarken politischer Ränder das Erregungspotenzial.
Forum der gesellschaftlichen Debatte
Für die deutschen Hochschulen forderte Kempen eine Rückbesinnung auf „die Suche nach Wahrheit und Erkenntnis“, die „vom leidenschaftlichen, heftigen und kontro-versen Ringen um Thesen, Fakten, Argumente und Beweise“ lebe. „An Universitäten muß daher jede Studentin und jeder Student sowie jede Wissenschaftlerin und jeder Wissenschaftler seine Forschungsergebnisse, Thesen und Ansichten ohne Angst zur Diskussion stellen können“, betonte Kempen. Gerade unkonventionellen, unbequemen und unliebsamen Meinungen müßten Universitäten ein Forum bieten.
Bei nichtwissenschaftlichen Äußerungen etwa von „partei- oder allgemeinpolitischen Meinungsführerinnen und Meinungsführern“ könnten sich Universitäten von Partei- und Gesellschaftspolitik weitgehend fernhalten, so Kempen. Aus Sicht des DHV sei dies jedoch nicht richtig: „Die Universität muß Teil und Forum der gesellschaftlichen Debatte sein. Ein Rückzug in den ‘Elfenbeinturm’ schadet ihr selbst.“
Universitäten sollten daher alle vom Bundesverfassungsgericht nicht als verfassungswidrig eingestuften Parteien zu Wort kommen lassen. Das bedeute in einem freiheitlichen Rechtsstaat, daß die Äußerung einer nicht verfassungswidrigen, aber politisch unerwünschten Meinung nicht nur geschützt, sondern notfalls auch erst ermöglicht werden müsse.
Streit um Meuthen an Frankfurter Uni
Zuletzt hatte es Streit um die Einladung des AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen an die University of Applied Sciences in Frankfurt am Main gegeben. Das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ hatte die Hochschulleitung in einem offenen Brief aufgefordert, dem AfD-Politiker den Zutritt zum Campus zu verbieten. Trotz der Kritik hielt die Hochschulleitung an der Einladung fest. (tb)