Die Verkehrsinformationszentrale Berlin (VIZ) gleicht ab sofort die Sprache ihrer Anzeigen den Berliner Verkehrsverhältnissen an: Sie wird holprig wie die meisten Straßen und stockend wie der Verkehrsfluß auf der Stadtautobahn zur Rush-Hour. Auf den großen Hinweistafeln, deren im Vorbeifahren schnell zu begreifende Kurztexte Autofahrer auf Tempolimits, Fahrbahnverengungen und gesperrte Ausfahrten aufmerksam machen, ist seit kurzem nicht mehr von „Radfahrern“ die Rede, sondern von „Radfahrenden“.
„Geschlechtsneutral“ soll formuliert werden, natürlich „um niemanden auszugrenzen“, sagte der Sprecher des VIZ, Andreas Müer, dem Sender RBB. „Geschlechtergerecht“, also ideologisch auf der Überholspur, soll es zugehen, nicht verkehrsgerecht. Der ökosozialistische Kampf, aktuell mit durchgetretenem Gaspedal gegen den Dieselmotor geführt, läßt sich mit Genderautomatik immer noch einen Gang höher schalten.
Man müsse sehen, wie die Texte formuliert werden könnten, schließlich hätten die Tafeln nur eine sehr begrenzte Zeichenzahl, fährt Müer die Sexkiste vorsichtig an. Auch sei es „wichtig, daß man im Vorbeifahren innerhalb weniger Zehntelsekunden die Botschaft lesen und auch sinnhaft erfassen kann“. In Zehntelsekunden? Der VIZ-Sprecher scheint den zähflüssigen Verkehr auf Berlins Hauptstraßen nicht zu kennen, der genügend Zeit zu Mußestunden und Betrachtung gibt. An den Stellen, wo es möglich sei, wolle seine Zentrale die Textchen aber „geschlechtsneutral“ formulieren. Verkehrsregelung durch Sprachregelung?
Linksideologie mit Allradantrieb
Müer kommt auf Touren: Täglich würden 400.000 Fahrzeuge an den Anzeigetafeln der VIZ vorbeifahren. Somit würde eine breite Masse mit den Hinweisen erreicht, nicht nur eine kleine Menge von Interessierten. „Weil bestimmte Aussagen eben nicht gendergerecht sind – also für einzelne Gruppen ausschließlich männliche Bezeichnungen gewählt werden –, haben wir uns entschlossen, eine geschlechterneutrale Bezeichnung zu verwenden.“ Ergo: Es sei „durchaus“ damit „zu rechnen“, daß künftig statt von „Fußgängern“ von „Zufußgehenden“ gesprochen werde.
Daß der VIZ-„Sprechende“ Andreas Müer vom generischen Maskulinum der deutschen Sprache genauso viel Ahnung hat wie von den alltäglichen Zumutungen auf den Straßen der Hauptstadt – ich sag nur: Dreieck Funkturm, morgens zwischen acht und neun Uhr dreißig – wirft einmal mehr Fragen nach der Kompetenz der Verwaltung auf. Daß im rot-rot-grün regierten Berliner Tollhaus Infrastrukturaufgaben nur im Schneckentempo vorankommen, linksideologische Projekte, seien sie noch so sinnfrei, aber mit Allradantrieb in alle Lebensbereiche durchgedrückt werden, schafft täglich neue Wutbürger.
Der Genderquatsch, mit dem man da „zu rechnen“ habe, scheint darüber hinaus jedoch lebensgefährlich. Denn bis Autofahrer, darunter immer mehr, die noch nicht so gut Deutsch können, im ruppigen Berliner Verkehr eine Botschaft wie „Achtung, Zufußgehende auf der Fahrbahn“ begriffen haben, sind jene schon längst tot gefahren. Ganz egal ob Männlein oder Weiblein.