BERLIN. Deutschlands Kommunen haben vor der Wiedereinführung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit begrenztem Schutzstatus gewarnt. „Das würde die Integrationskraft der Kommunen überfordern. Schon heute fehlen Kita- und Schulplätze sowie Wohnraum für Geflüchtete“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, am Donnerstag der Passauer Neuen Presse.
„Wir fordern die Bundespolitik auf, sich auch in der Flüchtlingspolitik nur realistische Ziele zu setzen, die finanzierbar sind und vor Ort auch umgesetzt werden können. Nur dann kann die Integration gelingen“, betonte Landsberg. Andernfalls bestehe die Gefahr, daß die nach wie vor große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung, Flüchtlinge aufzunehmen und zu integrieren, infrage gestellt werde.
Forderung nach Übernahme der flüchtlingsbedingten Kosten
Landsberg verlangte von der künftigen Bundesregierung überdies „verbindliche Zusagen, über das Jahr 2018 hinaus die flüchtlingsbedingten Ausgaben der Kommunen, insbesondere die Kosten der Unterkunft, vollständig zu übernehmen. Die Gemeinden dürften in Sachen finanzieller Unterstützung durch den Bund „nicht länger von der Hand in den Mund leben“.
Zugleich appellierte er die mögliche künftige Koalition aus Union, FDP und Grünen, den Wohnungsbau massiv voranzutreiben. „Wir brauchen sowohl für Deutsche als auch für die geflüchteten Menschen angemessene und bezahlbare Wohnungen. Andernfalls birgt die Wohnungsknappheit, die wir bereits jetzt in einigen Regionen beobachten, sozialen Sprengstoff.“
Jamaika-Runde debattiert über heikles Thema
Am Donnerstag steht bei den Sondierungsgesprächen der möglichen Jamaika-Partner auch die Flüchtlingsfrage auf dem Plan. Die Parteien liegen bei dem Thema weit auseinander. Er rechne beim Thema Familiennachzug „absolut“ mit einem Konflikt mit den Grünen, sagte FDP-Vorsitzender Christian Lindner dem Spiegel.
CSU-Politiker Alexander Dobrindt erteilte einer möglichen Wiedereinführung des Familiennachzugs eine Absage. „Für uns bleibt es dabei, die Zahl von maximal 200.000 Menschen, die pro Jahr aus humanitären Gründen zu uns kommen, darf nicht überschritten werden“, stellte er bei focus-online klar.
Die große Koalition hatte den Familiennachzug bei Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus für zwei Jahre bis März 2018 ausgesetzt. Die Union will die Beschränkung nun über das Datum hinaus verlängern. Nach dem Willen der Grünen soll der Familiennachzug dagegen künftig wieder uneingeschränkt möglich sein. (ha)