BERLIN. Die AfD im Berliner Abgeordnetenhaus hat dem rot-rot-grünen Senat vorgeworfen, linksextreme Strukturen in der Stadt zu finanzieren und so deren gesellschaftliche Duldung zu begünstigen. „Während die herrschende Klasse in absurden Ritualen den ‘Kampf gegen Rechts’ zelebriert, zerstören Linksextremisten mit roher Gewalt die Fundamente unserer Demokratie und unseres Rechtsstaats“, prangerte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ronald Gläser am Donnerstag während einer Aktuellen Stunde des Parlaments die Zustände in der Stadt an.
Beispielhaft nannte der AfD-Politiker die massenhafte Zerstörung von Wahlplakaten seiner Partei sowie Einschüchterungsversuche und Attacken auf Mitglieder, ihre Häuser oder Autos. Der „Kampf gegen Rechts“ sei damit längst zum „Kampf gegen das Recht“ geworden.
„Stalinisten von der Rigaer Straße“
Im Fall einer Plakatzerstörung, bei der ein Täter überführt werden konnte, habe man feststellen müssen: „Der Täter war eine Sie. Und es war kein Autonomer aus der Rigaer Straße. Kein einschlägig vorbestrafter Linksextremist. Die Frau war eine ‘normale Bürgerin’ aus der Gegend, die sich im lokalen Kindergarten engagiert und Mitarbeiterin der Deutschen Welle ist“, so Gläser. Das zeige, daß „der Linksextremismus aus der Mitte der Gesellschaft kommt, nicht der Rassismus, wie Sie immer behaupten“, rief der Fraktions-Vize in Richtung der Abgeordneten von Linkspartei und Grünen.
Der Linksradikalismus sei nicht aus eigener Kraft stark, sondern „weil er eine Sumpfblüte staatlicher Subventionen ist“, kritisierte Gläser. Der SPD warf er zudem Inkonsequenz vor. „Heute noch schließen Sie mit diesen Leuten bunte Bündnisse ‘gegen Rechts’, morgen schon stehen die mit einem Pflasterstein vor Ihrer Geschäftsstelle“ oder fackelten deren Wahlkampfauto ab. In der kruden Logik der „Stalinisten von der Rigaer Straße“ sei schon ein Nazi, wer „einen Millimeter rechts vom Seeheimer Kreis“ stehe.
Wer diese Entwicklung stoppen wolle, müsse den „Kampf gegen Rechts“ beenden, entsprechende Programme stoppen. Die AfD-Fraktion fordert in diesem Zusammenhang mehr „Mut zur Wahrheit“ bei den Statistiken, was linksradikale Gewalt angehe. Es brauche auch keinen „Kampf gegen Links“, keinen größeren Verfassungsschutz, so Gläser: „Mit diesen Kriminellen kann die Polizei alleine fertig werden“, wenn sie gut ausgerüstet sei.
Rückzugsräume schließen
„Räumen Sie endlich die Rigaer Straße, nehmen Sie denen die Rückzugsräume.“ Der Feind, gegen den sich die Stadt zu Zeiten der Berlin-Blockade mit Entschlossenheit gewehrt habe, sei von außen gekommen, „heute sitzt er unter uns und wird aus unseren Steuergeldern bezahlt“, schloß Gläser seine Rede.
Aus den Reihen der Koalition wies man die Vorwürfe der AfD, Rot-Rot-Grün unterstütze Linksextremisten und distanziere sich nicht ausreichend von politisch motivierter Gewalt, empört zurück. Der AfD gehe es in Wahrheit nur darum, Förderprogramme gegen Rassismus oder Antisemitismus zu kürzen. Die Linken-Abgeordnete Anne Helm warf der AfD vor, mit der Rede vom „sogenannten Linksextremismus“ nur den eigenen „Opfermythos“ zu konstruieren. Es seien jedoch gerade „Antifaschistinnen und Antifaschisten“, die sich „am aktivsten für die Demokratie einsetzen“, so die frühere Piraten-Politikerin.
Innensenator Geisel: „Große Vereinfacher“
Redner von CDU und FDP nannten die Forderung nach einer deutlicheren Distanzierung vom Linksextremismus durchaus berechtigt. In der Tat offenbare Rot-Rot-Grün hier einen Mangel, meinte der Abgeordnete Stephan Lenz (CDU). Er verwies in diesem Zusammenhang auf lediglich „lauwarme Bekenntnisse“ gegen linke Gewalt oder auf den Fall des ehemaligen Staatssekretärs Andrej Holm, der unzweifelhaft der linksextremen Szene nahestehe.
Andererseits warf Lenz der AfD vor, sie diffamiere ihrerseits ständig den Staat, den sie mit ihrem Antrag zu verteidigen vorgebe. Wer Rechtsextremismus in den eigenen Reihen dulde und das „System“ ablehne, gehöre nicht zu den staatstragenden Kräften. Auch der FDP-Abgeordnete Holger Krestel meinte, der Antrag der AfD werde dem Ernst des Problems nicht gerecht. Zutreffend sei jedoch der Vorwurf, der Linksextremismus verfüge in diesem Land „über einen legalen Arm, der ihn berät und schützt“.
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) wies am Schluß der Debatte die Vorwürfe der Opposition zurück. Extremismus von rechts wie von links habe in der Stadt nichts zu suchen, Rot-Rot-Grün sorge für einen handlungsfähigen Staat und habe die Polizei gestärkt. Er verteidigte die Bedeutung der Netzwerke für Demokratie. Deren Förderung sei „gut angelegtes Geld“, so Geisel.
Er warnte im Gegenzug vor dem „Extremismus der Worte“ und den „großen Vereinfachern“, die „am Fundament unserer Demokratie kratzen“. Die Gewalt an den Rändern dürfe nicht gegeneinander aufgerechnet werden, kritisierte der Senator. (vo)