KARLSRUHE. Die Europäische Zentralbank (EZB) darf mit deutscher Beteiligung Euroländer in akuten Finanzierungsnöten mit Staatsanleihekäufen finanziell unter die Arme greifen. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag entschieden. Die Richter urteilten, das sogenannte OMT-Programm verstoße aufgrund begrenzender Auflagen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nicht gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung.
„Zudem birgt das OMT-Programm in der durch den Gerichtshof vorgenommenen Auslegung kein verfassungsrechtlich relevantes Risiko für das Budgetrecht des Deutschen Bundestages“, teilte das Gericht mit. Zwar habe der Senat weiterhin Bedenken, sehe sich aber an die Luxemburger Rechtsprechung gebunden. Die Beteiligung der Bundesbank sei allerdings unter anderem an die Voraussetzung gebunden, daß die EZB Staatsanleihenkäufe nicht vorab ankündige. Dies müßten Bundesregierung und Bundestag überwachen.
Unbegrenzte Käufe
Die Kläger, zu denen auch der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler gehören, wiesen darauf hin, daß das OMT-Programm keine Kaufbegrenzung beinhalte. „Die Risiken werden nach den EZB-Kapitalquoten auf die einzelnen nationalen Notenbanken und damit auf die Steuerzahler verteilt“, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann im Februar bei einem mündlichen Verhandlungstag in Karlsruhe. Deine Vorbehalte blieben bestehen.
Im Januar 2014 hatte das Bundesverfassungsgericht beschlossen, daß die EZB ihre Kompetenzen überschritten habe, weil sie in die wirtschaftspolitischen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten eingreife. Der Europäische Gerichtshof war im Jahr darauf zu einer anderen Einschätzung gekommen und entschied, die EZB könne das OMT-Programm rechtskonform gestalten.
ifo kritisiert Urteil
Der neue ifo-Präsident Clemens Fuest hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts kritisiert. „Die Richter haben gegenüber ihrem Vorlagebeschluß von 2014 eine Kehrtwende vollzogen und es nicht gewagt, die Europäische Zentralbank beim Kauf von Staatsanleihen stärker in die Schranken zu weisen als der Europäische Gerichtshof“, sagte Fuest nach dem Urteilsspruch. „Das ist schade, denn es ist offensichtlich, daß das OMT-Programm in erster Linie das fiskalische Ziel verfolgt, hoch verschuldeten Staaten den Zugang zu Krediten zu erhalten. Die damit verbundenen Risiken tragen die deutschen Steuerzahler mit, ohne daß der Bundestag zugestimmt hat.“
Die Schranken für eine Beteiligung der Bundesbank durch die Bedingungen des EuGH fielen viel zu schwach aus und hätten vom Bundesverfassungsgericht geschärft werden müssen, betonte Fuest. Die verlangte dauerhafte Beobachtung der EZB durch Bundestag und Bundesregierung auf Risiken für den Bundeshaushalt sei eine zahnlose Bestimmung. (ls)