BERLIN. Die vermeintlichen Aussagen des stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland über den Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng haben für zum Teil heftige Reaktionen gesorgt. Vertreter von CDU, SPD und DFB meldeten sich zu Wort.
Gauland ergänzte am Sonntag abend in der Tagesschau: „Ich habe nur deutlich gemacht – und dabei mag der Name Boateng gefallen sein, möglicherweise von den FAZ-Kollegen, denn ich kenne mich im Fußball gar nicht aus –, daß es viele Menschen gibt, die Fremde in ihrer Nachbarschaft nicht für ideal halten.“
Mittlerweile hat sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Debatte eingemischt. „Der Satz, der da gefallen ist, ist ein niederträchtiger und ein trauriger Satz“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin auf die Frage eines Journalisten, wie Merkel den Bericht über Gauland in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung bewerte.
Der Publizist Thilo Sarrazin sagte der Bild-Zeitung: „Dieser Ausspruch ist so blöde, daß man ihn eigentlich gar nicht kommentieren kann. Im Übrigen ist Boateng Christ und hat eine deutsche Mutter.“
Boateng kann nur drüber lächeln
Boateng reagierte gegenüber der Tagesschau gelassen: „Kann ich nur drüber lächeln. Es ist ehrlich gesagt traurig, daß heutzutage noch so etwas gesagt wird.“
AfD-Chefin Frauke Petry entschuldigte sich bei Boateng. „Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat. Ich entschuldige mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck“, sagte sie der Bild-Zeitung. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter lobte sie Boateng:
Jêrome Boateng ist ein Klasse-Fußballer und zu Recht Teil der deutschen Nationalmannschaft. Ich freue mich auf die EM. #Nachbarn
— Frauke Petry (@FraukePetry) 29. Mai 2016
Meuthen stellt sich hinter Gauland
Co-Chef Jörg Meuthen stellte sich hinter seinen Gauland. Dieser sei „komplett falsch verstanden worden und hat das inzwischen richtiggestellt“, sagte er dem Handelsblatt. „Damit sollte die Sache erledigt sein.“
Der rheinland-pfälzische Landesparteichef Uwe Junge betonte: „Idole wie er sind wichtige Wegbereiter für die Akzeptanz von integrierten Einwanderern.“
SPD: „Gaulands AfD ist auch deutschfeindlich“
Auch die SPD-Spitze äußerte sich über die vermeintliche Boateng-Beleidigung. Parteichef Sigmar Gabriel sagte, Boateng sei kein Fremder. Gaulands Bemerkung zeige, daß der Politiker „nicht nur gegen Fremde, sondern auch gegen das Gute an Deutschland“ sei, sagte Gabriel der Bild-Zeitung. „Gaulands AfD ist auch deutschfeindlich“, fügte der Vizekanzler hinzu.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) schrieb auf Twitter:
Einfach nur niveaulos und inakzeptabel.Wer so redet, entlarvt sich selbst – und das nicht nur als schlechter Nachbar https://t.co/pRkMo3nRPg
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 29. Mai 2016
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner griff Gauland persönlich an:
Senilität scheint hier nicht die primäre Ursache zu sein….eher rechte Propaganda: Provokation, öffentliche Debatte https://t.co/HsZN6W67LS
— Ralf Stegner (@Ralf_Stegner) 29. Mai 2016
„Lieber Boateng als Gauland als Nachbarn“
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, Boateng sei eine Stütze für die Nationalmannschaft. „Jeder Deutsche kann sich glücklich schätzen, solche Leute zu haben, als Teamgefährte, deutscher Staatsbürger und als Nachbar.“ CDU-Vize Julia Klöckner twitterte: „Lieber Boateng als Gauland als Nachbarn.“
Auch der Deutsche Fußballbund (DFB) reagierte mit scharfer Kritik an Gauland. DFB-Präsident Reinhard Grindel sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, es sei „einfach geschmacklos“, die Popularität Boatengs und der Nationalmannschaft „für politische Parolen zu missbrauchen“. Millionen Menschen liebten die Nationalmannschaft, „weil sie so ist, wie sie ist“, sagte Grindel. (ls)