LÜNEBURG. Die Beschlagnahme einer Villa in Lüneburg zur Unterbringung von 50 Asylbewerbern war rechtswidrig. Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichtes habe die Stadt nicht ausreichend darlegen können, daß alle anderen Unterbringungsmöglichkeiten ausgenutzt worden seien.
Die Gewährung sozialer Fürsorge obliege „primär der Allgemeinheit“ und dürfe nur als „letztes Mittel auf eine Privatperson abgewälzt werden“, stellten die Richter klar. Zudem sei nicht geprüft worden, ob die örtliche Jugendherberge als Asylunterkunft zur Verfügung stehe. Ob die Beschlagnahme von Privateigentum preiswerter sei, dürfe keine Rolle spielen.
Gericht sieht keinen „polizeilichen Notstand“
Das Verwaltungsgericht unterstrich, daß die Enteignung einen „erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum“ darstelle. Der von der Stadt behauptete „polizeiliche Notstand“, der als Begründung für die Enteignung angegeben wurde, treffe in diesem Fall nicht zu.
Der Eigentümer hatte sich gegen die Beschlagnahme durch die Stadt gewehrt und auch Angebote zur Vermietung der Villa abgelehnt. Er will das Gebäude abreißen und auf dem Gelände Wohnhäuser bauen. Den Abriß untersagte das Gericht dem Eigentümer nun allerdings, bis das Urteil in der nächsten Instanz bestätigt wurde.
Bürgermeister empört
Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD) zeigte sich empört über das Urteil: „Diese Entscheidung ist mir unverständlich! Das Verwaltungsgericht hat offenbar noch wenig Vorstellung von den kommunalen Realitäten in diesen Tagen. Wir können doch nicht ernsthaft den Abriß dieses großen, leerstehenden Gebäudes tatenlos zulassen!“
Die vom Gericht ins Spiel gebrachte Belegung mit Turnhallen lehnte Mädge strikt ab. Dies sei nicht „menschenwürdig“ und gefährde den sozialen Frieden in der Stadt. Er kündigte an, gegen das Urteil Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht einzulegen. (ho)