BERLIN. Der Bundesvorstand der Alternative für Deutschland hat mehrheitlich beschlossen, ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke einzuleiten. Ein entsprechendes Gesuch soll an das Landesschiedsgericht in Thüringen gerichtet werden. Demnach soll Höcke die Ausübung eines politischen Amtes auf zwei Jahre innerhalb der AfD verboten werden.
Hintergrund sind seine Äußerungen, es ginge zu weit, jedes NPD-Mitglied als „extremistisch“ einzustufen. Kurz darauf hatte sich Höcke von der NPD distanziert, allerdings darauf gedrungen, auch NPD-Mitglieder könnten „resozialisiert“ werden. „Der Bundesvorstand war mehrheitlich der Auffassung, daß Herrn Höcke ausreichend Gelegenheit für eine deutliche Distanzierung gegeben wurde, die er jedoch ungenutzt verstreichen ließ“, heißt es nun in einer Mitteilung des Bundesvorstands.
Der Thüringer Landeschef selbst zeigte sich gelassen: „Ich habe kein Verständnis für diese auch innerhalb des Bundesvorstands umstrittene Entscheidung. In der Sache selbst meine ich alles gesagt und die Vorwürfe entkräftet zu haben. Insofern sehe dem Ausgang des Verfahrens gelassen entgegen.“
Kritik von Petry
Bereits am Montag hatte der Landesverband der AfD in Schleswig Holstein den Bundesvorstand aufgefordert, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Höcke einzuleiten. Die Thüringer Landtagsfraktion hatte ihrem Vorsitzenden am Montag den Rücken gestärkt. Höcke sei gewählter Fraktionschef und es bestehe „keinerlei Anlaß, daran etwas zu ändern“, betonte seine Stellvertreterin Wiebke Muhsal am Montag. Parteichef Bernd Lucke hatte Höcke zuvor aufgefordert, die Partei zu verlassen.
Die sächsische AfD-Chefin Frauke Petry sagte der JUNGEN FREIHEIT, sie habe gegen das Amtsenthebungsverfahren gestimmt, da man „politische Probleme nicht formaljuristisch“ lösen könne. „Diese Reaktion ohne vorherige Anhörung Höckes ist für mich inakzeptabel“.
Auf Zustimmung stieß der Beschluß des Bundesvorstandes dagegen beim Thüringischen AfD-Landtagsabgeordneten Oskar Helmerich. „Das Amtsenthebungsverfahren ist überfällig“, sagte er der JF. „Das Schiedsgericht sollte sich auch weitere Unregelmäßigkeiten anschauen in Höckes Kreisverband und im Landesverband“, forderte Helmerich, der als Kritiker Höckes gilt.
Druck auf Poggenburg nimmt zu
Unterdessen nimmt auch der Druck auf den Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt André Poggenburg zu, der als Anhänger Höckes gilt. Der Vorsitzende der AfD in Baden-Württemberg, Bernd Kölmel, sieht für Höcke und Poggenburg keinen Platz mehr in der Partei. „Wer sich nicht an unsere Leitlinien hält, muß die Partei verlassen. Björn Höcke mit seiner unsäglichen Aussage gehört dazu. Aber auch Leute wie André Poggenburg, die aus der AfD einen revolutionären Kampfverein machen wollen“, sagte Kölmel dem Handelsblatt.
Pggenburg wies die Vorwürfe zurück: „Zu keinem Zeitpunkt gab es tatsächlich eine inhaltliche Nähe zur NPD oder anderen verfassungsfeindlichen Gruppen. Diese wird es mit mir auch zukünftig nicht geben. Programmatisch steht die AfD ohnehin in scharfem Kontrast zur NPD und vertritt wie keine andere Partei in unserem Land die Grundsätze der freiheitlichen, rechtsstaatlichen Demokratie.“ (ho/ms)