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Regierung unter Druck: Haßrede-Wahn in den Highlands

Regierung unter Druck: Haßrede-Wahn in den Highlands

Regierung unter Druck: Haßrede-Wahn in den Highlands

Auf dem Foto befinden sich Personen, die gegen das Inkrafttreten der Haßrede-Gesetzesnovelle in Schottland sind. Sie tragen Masken mit den Gesichtern des schottischen Ministerpräsidenten Humza Yousaf und dem Plakat mit der Überschrift "Wir hassen die Haßverbrechen-Gesetze."
Auf dem Foto befinden sich Personen, die gegen das Inkrafttreten der Haßrede-Gesetzesnovelle in Schottland sind. Sie tragen Masken mit den Gesichtern des schottischen Ministerpräsidenten Humza Yousaf und dem Plakat mit der Überschrift "Wir hassen die Haßverbrechen-Gesetze."
Sie hassen die „Haßrede“-Gesetze: Nur ein Fünftel der Schotten will die Novelle behalten. Foto: picture alliance / empics | Lesley Martin
Regierung unter Druck
 

Haßrede-Wahn in den Highlands

Obwohl die britische Gesetzgebung zu der sogenannten Haßrede bereits als hart gilt, setzt Schottland nun mit dem eigenen „Hate Speech“-Gesetz noch einen obendrauf. Das ruft entschiedenen Widerstand hervor. Von Julian Schneider.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Schottland ist längst nicht nur für Dudelsäcke, Whisky und karierte Männerröcke bekannt. Seit dem 1. April gilt dort eine der schärfsten Vorschriften gegen „Haßrede“ weltweit. Mit dem „Hate Crime and Public Order (Scotland) Act 2021“ drohen bis zu sieben Jahre Gefängnis, wenn der Angeklagte eine andere Person aufgrund von Herkunft, Ethnie, Alter, Religion, sexueller Orientierung oder Gender-Identität verbal angeht. Ebenso das Verbreiten von Material, welches dem Gesetzgeber zufolge eine „vernünftige Person“ für „mißbräuchlich oder beleidigend“ halten würde. 

Was darunter fällt, prüfte die Schriftstellerin Joanne K. Rowling Stunden nach dem Inkrafttreten als „Aprilscherz“. Auf dem Kurznachrichtendienst X listete die „Harry Potter“-Autorin bekannte Transgender-Personen auf. Darunter auch Kriminelle: „Katie Dolatowski wurde nach ihrem Urteil zu Recht in ein Frauengefängnis gesteckt. Das schützte sie vor gewalttätigen, lüsternen Männern – im Gegensatz zu der Zehnjährigen, die von Dolatowski in einer öffentlichen Frauentoilette sexuell mißbraucht wurde.“ Am Ende schrieb Rowling, es sei ein Scherz gewesen. Die Erwähnten seien keine Frauen, sondern Männer. Die neue Gesetzgebung könne von Aktivisten genutzt werden, die jene „zum Schweigen bringen“ wollen, die gegen die Abschaffung „geschlechtsspezifischer Räume für Frauen und Mädchen“ plädieren würden.„Nehmt mich doch fest“, fügte sie hinzu.

Tausende Delikte unterhalb der Strafbarkeitsgrenze registriert

Schottlands Ministerpräsident Humza Yousaf von der linksliberal-separatistischen „Scottish National Party“ (SNP) erklärte, das Schreiben sei „beleidigend und erschütternd“. Doch unter den rund 3.000 Anzeigen, die die Schotten am ersten Tag einbrachten, befanden sich mehr Anzeigen gegen Yousaf als gegen Rowling. In einer Landesparlamentsrede aus dem Jahr 2020 hatte der damalige Abgeordnete aus dem Anlaß der „Black Lives Matter“-Unruhen in den USA der schottischen Gesellschaft und Politik einen „strukturellen Rassismus“ vorgeworfen. „Der oberste Richter – weiß, die Richter auf unteren Ebenen – weiß, alle Polizeipräsidenten – weiß, alle Stellvertreter – weiß!“

Die Maßnahme erhitzt die Gemüter der Bevölkerung. Einer Umfrage des Instituts „FindOutNow“ zufolge sei nur ein Fünftel der Schotten explizit dafür, das „Haßrede“-Gesetz beizubehalten. „Eine komplette Farce ist das“, sagt Benjamin Jones, ein Vorstandsmitglied der „Free Speech Union“ (FSU). Der vor vier Jahren gegründete Verein zählt 13.000 Mitglieder in ganz Großbritannien und richtete kürzlich ein Krisentelefon zur Unterstützung der aufgrund der Gesetzesnovelle Angeklagten. Die Organisation hatte bereits zuvor ein „einschüchterndes Klima“ beklagt, das die Freiheit gefährde.

Tatsächlich hatten die britischen Polizeibehörden bereits zwischen 2014 und 2019 mehr als 120.000 Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze registriert. Sie befinden sich in den Führungszeugnissen der Untersuchten, was Nachteile bei der Bewerbung bringen kann. Dagegen klagt nun Murdo Fraser. Der Oppositionsabgeordnete der Tories zum schottischen Landesparlament hatte Mitte November einen Artikel kommentiert, welcher den Gender-Aktionsplan der Regierung Yousaf kritisierte: „Sich als ‘nichtbinär’ zu bezeichnen ist genauso zulässig, wie sich als Katze zu bezeichnen. Ich glaube nicht, daß es dafür Aktionspläne braucht.“ Die Polizei registrierte die Äußerung wider Frasers Wissen als „Haßvorfall“. Er will die Polizei zwingen, den Eintrag zu löschen. Auch die FSU unterstützt die Klage.

Auch die Konkurrenz will am „Haßrede“-Gesetz festhalten

Yousaf hat ohnehin mit Beliebtheitsproblemen zu kämpfen. Einer neuen Ipsos-Umfrage zufolge seien 70 Prozent der Schotten der Auffassung, das Land brauche „eine neue Führungsmannschaft“. 46 Prozent halten den aktuellen Ministerpräsidenten für inkompetent, und fast die Hälfte spricht sich gegen eine Fortsetzung der Regierung aus der SNP und den Grünen aus.

Doch eine Wende zeichnet sich nicht ab: Die schottische Labour, die mit der SNP um Platz eins in den Umfragen kämpft, will das Gesetz behalten und dieses um den Straftatbestand „Frauenhaß“ ergänzen. Yousaf versucht zudem, die eigene moslemische Herkunft zur Rechtfertigung der Novelle zu nutzen. In der Nähe seines Hauses im Küstenort Broughty Ferry tauchte vor wenigen Tagen ein islamfeindliches Graffiti mit seinem Namen auf. „Eine Erinnerung, warum wir alle eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Haß verfolgen müssen“, schrieb er auf X.

JF 16/24

Sie hassen die „Haßrede“-Gesetze: Nur ein Fünftel der Schotten will die Novelle behalten. Foto: picture alliance / empics | Lesley Martin
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