BERLIN. Das Auswärtige Amt hat sich ahnungslos über die Ermittlungen polnischer Behörden gegen Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) gezeigt. Der JUNGEN FREIHEIT gegenüber teilte ein Sprecher mit, dem Ministerium lägen dazu keinerlei Informationen vor.
Zuvor hatte der polnische Radiosender RMF24 über Hinweise berichtet, die die polnische Staatsanwaltschaft über mutmaßliche Straftaten Schröders erhalten habe. Der Sozialdemokrat könne seine Posten in russischen Energiekonzernen dafür mißbraucht haben, um Druck auf Länder wie die Ukraine und die EU aufzubauen.
Ermittlungen werden mit Ukraine abgestimmt
Darüber hinaus prüfe die Staatsanwaltschaft, ob Schröder sich an den Vorbereitungen zum Angriffskrieg gegen die Ukraine beteiligt habe. Fast 2.000 Zeugen wollen polnische Behörden bereits in dem Fall vernommen haben. Die Ermittlungen würden mit der Ukraine abgestimmt.
Schröder hat in Polen wegen seiner engen Kontakte nach Rußland parteiübergreifend ein schlechtes Ansehen. Vor kurzem erst ereiferte sich der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (PiS) über den Altkanzler, er würde ihm niemals die Hand geben. „Ich halte es für einen furchtbaren Skandal, daß ein solcher Mann, der Bundeskanzler von Deutschland war, als Vorsitzender oder Mitglied des Aufsichtsrates eines russischen Unternehmens arbeitet“, sagte er kürzlich im Gespräch mit der polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita. Das sei schrecklich und eine Schande. „Eine Schande für ganz Deutschland“, fügte der Regierungschef Polens hinzu.
Schröder wollte Partnerschaft zwischen Berlin und Moskau
Nachdem er sich während seiner Kanzlerschaft für eine „strategische Partnerschaft“ zwischen Deutschland und Rußland eingesetzt hatte, arbeitete Schröder danach für russische Gasriesen wie Gazprom, Rosneft und Nord Stream.
Im Zusammenhang mit der Weigerung Schröders, sich nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine von Präsident Wladimir Putin zu distanzieren, wurde unter anderem ein Parteiausschlußverfahren gegen den Sozialdemokraten bemüht und sein Altkanzlerbüro aufgelöst. (fw)