VALLETTA. Der Kapitän des Flüchtlingsschiffs „Lifeline“, Claus-Peter Reitsch, hat dem deutschen Staat vorgeworfen, ihn ihm Stich gelassen zu haben. Im Gegensatz zu anderen Nationen habe sich Deutschland nicht bereit erklärt, Passagiere von seinem Boot aufzunehmen, sagte er am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa.
Ende Juni lag Reitsch mit seinem Schiff und 234 zumeist schwarzafrikanischen Migranten an Bord vor Malta. Der Mittelmeerstaat hatte das Einlaufen in seine Häfen an die Bedingung geknüpft, daß die Flüchtlinge auf europäische Staaten verteilt werden. Deutschland habe nichts zur Lösung der damaligen Situation unternommen. Er fühle sich als Staatsbürger „da schon ein Stück weit allein gelassen“.
Besatzung steht für weitere Arbeit bereit
Weiter kritisierte der 57 Jahre alte Kapitän, daß Flüchtlingshelfer mittlerweile kaum noch im Mittelmeer unterwegs sein könnten. „Man zieht jetzt einfach einen Vorhang vor dieses Schmierentheater, damit niemand mehr sehen kann, was da passiert.“
Reitsch betonte jedoch, er wolle weiter auf See nach Flüchtlingen suchen. „Ich denke, wenn die „Lifeline“ einen Kapitän braucht, dann werde ich sicher zur Verfügung stehen.“ Auch die Mannschaft sei wieder bereit.
Reitsch muß sich vor Gericht verantworten
Derzeit steht Reitsch in Malta vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen ohne ordnungsgemäße Registrierung in maltesische Gewässer gefahren zu sein. Er darf demnächst nach Deutschland ausreisen, wolle jedoch zum nächsten Prozeßtermin am 30. Juli wieder vor Ort sein.
Am Montag hatte der ProSieben-Moderator Klass Heufer-Umlauf einen Spendenaufruf zum Chartern weiterer Flüchtlingsschiffe gestartet. Den Prozeß gegen Reitsch nannte er „bizarr, absurd und bescheuert“. (ag)