STRAßBURG. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine Klage polnischer Opferangehöriger gegen Rußland wegen des Massakers von Katyn abgelehnt. Rußland habe kein Grundrecht der 15 Kläger verletzt, urteilten die Straßburger Richter laut einem Bericht des Nachrichtensenders n-tv.
Auf die Geschehnisse aus dem Jahr 1940 ging das Gericht nicht ein. Da das Massaker vor dem Beschluß der Europäischen Menschenrechtskonvention vom November 1950 geschehen sei, sahen sich die Richter als nicht zuständig an. Forderungen der Hinterbliebenen nach Schmerzensgeld wies das Gericht zurück.
Die polnischen Opferangehörigen hatten beklagt, daß Rußland nie wirklich aufgeklärt habe, wer für das Massaker von Katyn im April und Mai 1940 verantwortlich war und die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen habe. Auch wurde den Klägern der Einblick in die Ermittlungsakten verwehrt.
Gericht rügt mangelnde Kooparation Rußlands
Mit letzterem hatte auch das Gericht zu kämpfen. Die Richter rügten, daß Rußland ihnen nicht alle notwendigen Unterlagen zur Verfügung gestellt habe. Vor allem die Einsicht in die Akten zur Einstellung des Verfahrens habe man vergeblich von Moskau gefordert. Damit habe Rußland gegen die Menschenrechtskonvention verstoßen, in der sich die Unterzeichnerstaaten zur Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof verpflichteten.
Angehörige des russischen Geheimdienstes NKWD ermordeten 1940 in einem Wald bei Katyn etwa 4.400 polnische Offiziere. Das Massaker war Teil einer Serie von Liquidierungen, bei denen im Frühjahr 1940 bis zu 25.000 Polen, darunter zahlreiche Militärs, Polizisten und Intellektuelle, getötet wurden.
Das Massengrab von Katyn wurde 1943 von der Wehrmacht entdeckt. Dennoch machte die Sowjetunion jahrzehntelang die Deutschen für die Erschießungen verantwortlich. Erst 1990 gestand Moskau ein, daß der NKWD hinter dem Massaker steckte. (krk)