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Eine reine Formsache

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In dem Streit um die künftige Gestaltung des Spöttinger Friedhofs in Landsberg am Lech hat das bayerische Justizministerium weitere Fakten geschaffen. Drei Wochen nach der Entwidmung (JF 6/03) wurden jetzt trotz heftiger Proteste aus der Bevölkerung die Namenstafeln von den Holzkreuzen entfernt. Der Entscheidung vorausgegangen war eine Zusammenkunft in München, an der CSU-Justizminister Manfred Weiß, die Landtagsabgeordneten Thomas Goppel und Ludwig Spaenle (beide CSU), Landrat Walter Eichner, der Leiter der Justizvollzugsanstalt Landsberg, Heinz Döschl, Dekan Thomas Rauch, Stadtpfarrer Rainer Hartmann, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sowie Hans Ulrich Haase als Vertreter der Interessengemeinschaft zum Erhalt des Spöttinger Friedhofs teilgenommen haben. Nur wenige Stunden nach diesem Treffen wurden dann die Namenstafeln auf den schlichten Holzkreuzen entfernt. „Es wird kein individuelles Totengedenken mehr geben“, bekräftigte Justizsprecher Michael Grauel auf Anfrage der jungen freiheit die Position des Ministeriums. Was mit den Holzkreuzen geschehen wird, sei noch nicht entschieden. Zuvor solle das Institut für Zeitgeschichte in München eine wissenschaftliche Dokumentation über den Spöttinger Friedhof erstellen. Unwahrscheinlich sei aber, daß alle Holzkreuze stehenbleiben. Gegenüber der JF machte Grauel klar, daß Justizminister Weiß bei der Zusammenkunft lediglich „in Aussicht gestellt“ habe, ein Gräberfeld hinter der Kapelle St. Ulrich erhalten zu wollen. Andere Teilnehmer der Runde sprechen dagegen von einer „Zusicherung“ des Ministers. Auf dem Friedhof oberhalb der Justizvollzugsanstalt (JVA) Landsberg liegen etwa 300 Menschen begraben, darunter 140 von der amerikanischen Siegerjustiz 1945/46 als NS-Kriegsverbrecher zum Tod Verurteilte. Insbesondere der Erhalt dieser Gräber ist Friedhofsgegnern wie Anton Posset, Vorsitzender der Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert, ein Dorn im Auge. Der Gymnasiallehrer hält den Spöttinger Friedhof mit Blick auf die Gräber der wegen Kriegsverbrechen Hingerichteten für ein „Schandmal der bundesrepublikanischen Vergangenheitsbewältigung“. Befürworter der Beibehaltung des Friedhofs in seiner bisherigen Form weisen demgegenüber auf den Unrechtscharakter vieler Urteile der US-Militärjustiz hin. So sind nach seriösen Schätzungen mindestens ein Fünftel der nach dem Krieg zum Tod verurteilten deutschen Soldaten unschuldig hingerichtet worden. In Landsberg am Lech hat die Entscheidung des Justizministers Unverständnis und Empörung ausgelöst. „Die Sitzung war eine reine Formsache“, entrüstet sich Heinrich Pflanz von der Interessengemeinschaft zum Erhalt des Spöttinger Friedhofs. Die Entfernung der Holzkreuze war schon vorher beschlossene Sache, ist der Inhaber eines Schuhgeschäfts im Zentrum von Landsberg überzeugt. Die Aufgabe des Friedhofs sei eine „Kulturschande“, so Pflanz im Gespräch mit dieser Zeitung. Justizministerium mißachtet Denkmalschutz Unterdessen setzt sich in der oberbayerischen Kleinstadt ein breites Bündnis weiter für die unveränderte Beibehaltung des Spöttinger Friedhofs samt den Holzkreuzen ein. Dazu gehören neben der Interessengemeinschaft vor allem die Freien Wähler (FW), die Bürger Aktion Landsberg (BAL), der Historische Verein Landsberg sowie Stadtheimatpfleger Anton Lichtenstern. „Wir müssen jetzt weitere Aufklärungsarbeit leisten“, sagt der BAL-Vorsitzende Klaus Wuchner gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. So etwas wie den Spöttinger Friedhof gebe es in ganz Deutschland kein zweites Mal. Der Chef der Freien Wähler in Landsberg, Günter Otremba, hält die Entfernung der Namenstafeln von den Holzkreuzen für einen „völlig undemokratischen Vorgang“. Der Inhaber eines Elektrofachgeschäfts ärgert sich vor allem über die Mißachtung der Denkmalschutzbestimmungen. Seinen Angaben zufolge steht der gesamte Spöttinger Friedhof unter Denkmalschutz. Es sei ein „unmöglicher Zustand“, empörte sich Otremba im Gespräch mit der JF, daß das bayerische Justizministerium sich einfach darüber hinwegsetze. „Eigentlich ist das ein Fall für die Gerichte“, meint Otremba. Er will jetzt juristisch prüfen lassen, ob die Kommune als Untere Denkmalschutzbehörde den Freistaat auffordern kann, das Denkmal Spöttinger Friedhof in seiner bisherigen Form wiederherzustellen.

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