„Absurdum“ mit Flachwitzniveau: Besser kann die exzentrische Tour durch die Weltgeschichte wohl nicht charakterisiert werden, die am 16. Juni unter dem Titel „Die Geschichte der Menschheit – leicht gekürzt“ auf die Kinozuschauer losgelassen wird. In der klamaukigen Komödie ist die Menschheitsgeschichte eine einzige Aneinanderreihung skurriler Absurditäten.
Als im Jahre 2050 eine immer noch jugendlich-frisch wirkende Greta Thunberg (Jeanette Hain) eine Ansprache in der Metropole des Weltfriedensreichs hält, in der sie rückblickend den Erfolg ihrer Klimarettungskampagne feiert, bricht ein neuer „Independence Day“ über die Menschheit herein: Außerirdische drohen, sämtliche Welt- und Klimarettungstaten der vergangenen Jahrzehnte ad absurdum zu führen. Den Zuschauer erwarten insgesamt fünfzehn pseudo-historischen Miniaturen über die Neandertaler bis hin zum Start der Voyager ins All.
Film beleuchtet Steinzeit, Mittelalter und Weltkriege
Autor und Regisseur Erik Haffner war im deutschen Fernsehen bereits mit derselben Art von Humor erfolgreich. Der 46jährige war in der Vergangenheit für „Die Pro-Sieben-Märchenstunde“, „Ladykracher“ und die ZDF-Reihe „Sketch History“ im Einsatz. Letztere stand erkennbar Pate bei Haffners erster Produktion fürs Kino. Schon seit der ersten Staffel von „Sketch History“ stand die Idee im Raum, daraus etwas für die große Leinwand zu machen. „Es gibt so viel Potential in den einzelnen Geschichten, die ich mit meinem langjährigen Drehbuchautor Chris Geletneky umsetzen wollte. Die Zusammenarbeit funktioniert hervorragend mit ihm, da wir den gleichen Humor teilen“, erzählte der Regisseur.
Der Sprung auf die Leinwand habe dank des größeren Budgets natürlich auch mehr Möglichkeiten eröffnet, ergänzte Co-Autor Chris Geletneky und liefert auch gleich eine kleine Zusammenfassung des gemeinsamen Werks: „Der Film beginnt in der Steinzeit, arbeitet sich vor zu den griechischen Philosophen und schwenkt über zu Jesus. Dann wechseln wir ins Mittelalter, zur Renaissance, in die Neuzeit und stoppen beim Ersten sowie Zweiten Weltkrieg. Das Ende unserer Timeline ist 1977, wenn die Voyager ins All geschossen wird.“
Visuell genügt der Film höchsten Standards
Die Voyager-2-Mission dient der Sketch-Parade als Klammer. Am Anfang stehen die ARD-„Tagesschau“, in der von der Raumsonde berichtet wird, und eine goldene Schallplatte. Mit der wird diesmal allerdings nicht etwa ein erfolgreicher Schlager-Interpret geehrt. Tatsächlich handelt es sich eher um eine Bildplatte, den prädigitalen Vorläufer der DVD. Der Kopf dahinter ist der Humanwissenschaftler Dr. Gerhard Friedle (Christoph Maria Herbst). Er dient auch als Moderator der visualisierten und stark gekürzten Menschheitsgeschichte, die als Bildplatte mit der Raumsonde ins All gejagt wird und potentiellen Findern im All Kerninformationen zum blauen Planeten vermitteln soll.
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Visuell genügen die 15 Sketche höchsten Kinostandards. Inhaltlich bleiben sie auf Flachwitzniveau zurück. Die sprechenden Einzeller, mit denen der Ritt durch die Jahrtausende beginnt, sind ebenso wie die Außerirdischen, das Resultat modernster Computer-Tricktechnik. Als sich, wie Dr. Friedle auf der goldenen Bildplatte kommentiert, „die Menschen wie Unkraut auf der Erde“ verbreiten und damit echte Schauspieler ihre Auftritte haben, sinkt das Niveau der Darbietungen spürbar. Was als heiße Weltraumrakete begann, sprüht wie ein fehlgezündeter D-Böller nur noch vereinzelt Funken. Man spricht in solchen Fällen auch von einem Rohrkrepierer.
Neandertaler müssen für Geschlechterfragen herhalten
Die Begegnung von Neandertalern mit Vertretern der Gattung Homo sapiens wird zum peinlich-konformistischen Gerangel um Geschlechterfragen: Beim Homo sapiens dürfen Frauen mitreden, bei den Neandertalern nicht. Der Zuschauer findet sich mitunter in einer lustig gemachten Schulfunk-Folge wieder und lernt: Neandertaler sind auch heute noch unter uns. Die Steinzeit-Episode ist ein schönes Beispiel dafür, wie Themen des Gegenwartsdiskurses verarbeitet wurden, nämlich leider ohne wirklich subversiven Witz, etwa ohne die Respektlosigkeiten der Monty-Python-Truppe, die hier und da als Vorbild erkennbar wird.
Wer genau genug hinsieht und hinhört, wird statt dessen überall geschickt eingebaute „Regenbogen-Botschaften“ entdecken. Die Erfindung von „Waffen, Kriegen und Grenzen“ wird als Erbsünde herausgestrichen und Religion als Reklametrick. Immer wieder drängt der feministische Paradigmenwechsel verfrüht auf die Bühne der Geschichte und will ungeduldig zur Unzeit zu seinem Recht kommen. Bei Erik dem Roten (Ulrich Tukur) fordern die Wikingerfrauen Gleichberechtigung, was das Meucheln und Morden anbelangt, und in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs tauchen das „Patriarchat untergrabende Freifrauen“ auf, um den kriegerischen Männern eine Lektion zu erteilen.
Witze verhalten sich affirmativ zum Zeitgeist
Solange ein Witz sich affirmativ zu den Maximen und Doktrinen seiner Zeit verhält, fehlt ihm das Gallige, das Anarchische – das, was wirklich zum Lachen bringt. Andere Sketche scheitern daran, daß ihr Thema sich nicht für Satire eignet: So erklärt sich etwa der witzlose Auftritt von Stauffenberg-Darsteller Tom Schilling in der Episode über die Verschwörer um Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Ebenso geist- und geschmacklos ist die Darstellung Jesu durch Max Giermann, der den Messias als narzißtischen Pöbler mit Klaus-Kinski-Allüren interpretiert. Seine Kreuzesmarter inszeniert er um der theatralischen Wirkung willen selbst.
Die Jerusalem-Episode wirft die Frage auf, warum die Filmemacher, wenn sie unbedingt Religion als Opium des Volkes karikieren möchten, sich mit demselben Biß nicht lieber Mohammeds martialischer Schwertmission angenommen haben. So subversiv, so provokant möchte Haffner eben doch nicht sein – und daran krankt sein ganzer Film. Die vielen namhaften Darsteller und das erlösende „Independence Day“-Finale, das die Erde ein für allemal von den nervtötenden Klimarettern befreit, können nichts mehr daran ändern: Diese goldene Schallplatte verdient die goldene Himbeere!