Nicht nur reden, sondern anpacken. Das war die Botschaft, die RTL und seine Moderatorin Susanna Ohlen nach der Flutwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen senden wollten. „Aufräumarbeiten nach Flut: RTL-Moderatorin Susanna Ohlen packt in Bad Münstereifel mit an“, titelte der Sender am vergangen Sonntag abend auf seiner Seite.
Ohlen war in dem Beitrag auf einem Foto, verschwitzt mit dunklem Hut, verdreckter Bluse und einer Haarsträhne im Gesicht, zu sehen. „Zahlreiche prominente Helfer packen ebenfalls mit an und unterstützen die Menschen vor Ort tatkräftig. Eine von ihnen ist Susanna Ohlen (39).“
Der Beitrag enthielt noch ein weiteres Foto aus Ohlens Instagram-Story, auf dem eine zerstörte Straße zwischen Fachwerkhäusern in Bad Münstereifel zu sehen war. „Jeder packt hier mit an und packt sich eine Schippe. Und wenn ihr auch noch eine Schippe zu Hause habt, gerne auch eine Schubkarre, kommt hier hin“, rief die „Guten Morgen Deutschland“-Moderatorin ihre Fans und Follower auf. Andere Medien wie das Münchner Boulevardblatt tz griffen die Geschichte der helfenden Reporterin auf.
RTL: Vorgehen widerspricht eindeutig unseren journalistischen Grundsätzen
Hier ist das fleißige Bienchen 🤣🤣🤡🤡mit ihrem Märchen das sie mit angepackt hat 😂😂 pic.twitter.com/brdhofXl5k
— BockwurstMitSauerkraut (@Michael45644934) July 22, 2021
Am Donnerstag tauchte nun ein Video in den sozialen Medien auf, auf dem mutmaßlich die 39jährige zu sehen ist, wie sie sich offenbar absichtlich etwas Matsch und Dreck an Kleidung und Kopf reibt. Die Frau auf in dem Video trägt einen ähnlichen Hut wie Ohlen in dem RTL-Beitrag. Sie hat Arbeitshandschuhe an. Nachdem sie diese mehrfach in eine Pfütze gedrückt und an sich verrieben hat, geht sie zu einer Tasche und nimmt ein Handy, das darauf liegt.
Das ist die @RTLde Moderatorin Ohlen, die "anpackt" – wie im nachfolgenden RTL-Artikel geschrieben wird.@Hadmut @argonerd pic.twitter.com/l1zFOd1pdc
— Eddie Graf (@Eddie_1412) July 22, 2021
Ebenfalls zu sehen sind ein Mann mit einer Kamera, die aber noch nicht läuft, sowie ein weiterer Mann mit einem Mobiltelefon in der Hand. An einer Wand lehnt ein Mikrofon mit Ständer. Das dazugehörige Haus ist das Antiquitätengeschäft „Ambiente“ in der Orchheimer Straße. Genau dieses Gebäude ist auch auf dem Instagram-Foto in dem Beitrag auf der RTL-Seite vom Sonntag zu sehen. Zahlreiche Kommentatoren fragen, ob sich die Moderatorin extra für ihren Beitrag dreckig gemacht hat, damit es so aussieht, als habe sie schwer geschuftet.
Wenige Stunden, nachdem das Video veröffentlicht wurde, verschwindet der Beitrag auf der RTL-Seite. Auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT bestätigte eine Sprecherin den Vorgang. „Das Vorgehen unserer Reporterin widerspricht eindeutig unseren journalistischen Grundsätzen und Standards. Wir haben sie daher am Montag, direkt nachdem wir von dem Vorfall erfuhren, beurlaubt.“
Zur Frage, warum der Beitrag dann erst am Donnerstag verschwand und nicht schon am Montag. Und warum nicht mit einem Korrekturkasten die ganze Geschichte aufgeklärt wurde, konnte die Sprecherin spontan nicht sagen.
Eine Anfrage der JF über Instagram, was sie zu den Vorwürfen sage, ließ Ohlen bislang unbeantwortet. (tip, ls)