DUBLIN. Der Begriff „angelsächsisch“ ist laut einer kanadischen Wissenschaftlerin rassistisch konnotiert und soll deswegen aus dem Alltagsgebrauch verschwinden. Historisch werde der Begriff mit den frühen Engländern im Mittelalter in Verbindung gebracht, sei aber in der jüngeren Vergangenheit mißbraucht worden, schildert die mittlerweile in Irland lebende Mediävistin Mary Rambaran-Olm in einem Aufsatz für die Seite „History Workshop“ das Problem.
Bereits im 18. und 19. Jahrhundert habe der Begriff eine neue Bedeutung bekommen und sei seitdem dafür verwendet worden, Weiße „mit ihren angeblichen Wurzeln zu verbinden“. Dabei handelt es sich Rambaran-Olm zufolge um einen Mythos. „Das falsche Narrativ über die Angelsachsen als Nation und Rasse hat den politischen Diskurs der vergangenen 500 Jahre beeinflußt“, beklagt sie. Damit einhergegangen seien „Botschaften von Patriotismus, Imperialismus und rassischer Überlegenheit“.
„Entmenschlichung von farbigen Kollegen“
Auch heute werde der Ausdruck von „weißen Rassisten“ benutzt, die gleichzeitig „die Tatsache ausklammern, daß die Angeln und Sachsen Migranten waren“. Mit Kollegen, die den Begriff unkritisch benutzen, geht Rambaran-Olm hart ins Gericht. Es handele sich dabei um „willentliche Ignoranz“, die einen „erschreckenden Mangel an Sorge um die Entmenschlichung von farbigen Kollegen“ beinhalte.
Ihr Fazit: „Der umstrittene Ausdruck ist nicht neutral. Man kann nicht neutral sein im Angesicht des Rassismus.“ Akademische Arbeit könne nicht von gegenwärtigen politischen und sozialen Wirklichkeiten getrennt betrachtet werden. Aus Protest gegen die weitere Verwendung des Begriffs war Rambaran-Olm im September aus dem Gremium der „Internationalen Gesellschaft der Angel-Sachsen“ zurückgetreten. Die Vereinigung „Mediävisten mit Hautfarbe“ lobte Rambaran-Olm dafür und solidarisierte sich in einer Stellungnahme mit ihr. (tb)