Akif Pirincci hat wieder zugeschlagen. Seit gut einem Jahr macht der 1959 in Istanbul geborene Autor, der vor einem Vierteljahrhundert über Nacht mit dem Katzen-Krimi „Felidae“ berühmt geworden war, im Internet Furore mit wütenden Attacken auf politisch korrekte Tabus.
Seine Abrechnung mit dem „irren Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer“ hat er jetzt zwischen zwei Buchdeckel gepackt: „Deutschland von Sinnen“
Pirinccis erster Nicht-Roman ist kein nüchternes Sachbuch à la Sarrazin. Seine Streitschrift ist mal polemisch, mal derb, mal blumig-poetisch, aber immer mit heißem Herzen geschrieben: Ein Sarrazin fürs Saftige.
Pirincci spielt bewußt mit dem Klischee des Macho-Türken

„Deutschland von Sinnen“ ist drauf und dran, den überraschenden Bestseller-Erfolg von „Deutschland schafft sich ab“ zu wiederholen: Einer, von dem man’s nicht erwartet – türkischer Einwanderersohn, Erfolgsautor, Liebling der Kulturszene –, spricht unbequeme Wahrheiten offen und direkt aus.
Der vulgäre Ton, den er bisweilen anschlägt und der zarter besaitete Konservative bisweilen irritiert, sollte nicht täuschen: Die rotzige Punkrock-Pose, der drastische Einsatz von Fäkal- und Genitalvokabular, ist kalkulierte Attitüde, um in der abgestumpften und reizüberfluteten Mediengesellschaft auf die Pauke zu hauen.
Pirincci spielt bewußt mit dem Klischee des Macho-Türken, der sich von keinem einschüchtern läßt, wenn er seine neue deutsche Heimat mit Klauen und Zähnen verteidigt – Pirincci beginnt und schließt mit einer Liebeserklärung an das Land, das ihn wie einen Sohn adoptiert hat.
Pirincci übersetzt Phrasen in Klartext
Dazwischen fordert er Einwanderer auf, ihr Ursprungsland zu vergessen („Erinnere dich, weshalb du hier bist: Weil es hier besser ist als dort, woher du stammst. Sonst würdest du ja dorthin wieder zurückkehren, stimmt’s?“), übersetzt scheinheilige Intellektuellen-Multikulti-Sozialgerechtigkeits-usw.-Phrasen in Klartext, rechnet mit Gender-Ideologen, der linksgrünen Gesinnungsdiktatur, Staatsfunkern, der das eigene Land hassenden Polit-Klasse, „Hosenscheißern“, dem umverteilenden Gouvernanten-Steuerstaat und dem Islam ab – der „gehört zu Deutschland wie die Reeperbahn nach Mekka“.
Einiges kennt man schon aus den Internet-Blogs eigentümlich frei und Achse des Guten, lesenswert ist es allemal, denn hinter der schnoddrig-rotzigen Sprache steckt ein heller und differenziert argumentierender Kopf. Im letzten Kapitel dokumentiert Pirincci seinen vor just einem Jahr erschienenen Blogbeitrag „Das Schlachten hat begonnen“, in dem er den Mord an Daniel S. in Kirchweyhe in den Kontext eines vertuschten beginnenden Genozids stellt, und die Kontroverse darum. Schon dafür lohnt es, sich „Deutschland von Sinnen“ in den Bücherschrank zu stellen.