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Die totalitäre Versuchung

Die totalitäre Versuchung

Die totalitäre Versuchung

 

Die totalitäre Versuchung

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Ein Experiment mit eindeutigem Ergebnis: Seit es Menschen unternahmen, eine sozialistische Gesellschaft zu formen – was auch immer sie darunter verstanden – ist bisher noch jeder einzelne von ihnen grandios gescheitert. Stets traten sie mit dem Versprechen an, die höchsten, hehrsten Ideale in des Menschen Brust zu erwecken. Und erreichten doch nur das Gegenteil. Alles Drückende, Niedrige, Verkommene – das Bösartigste, was Menschen einander überhaupt nur antuen können – sozialistische Gesellschaften haben es verwirklicht.

Eigentlich könnte man meinen, nach so eindeutigen Erfahrungen wäre die Vernunft so verständig einzusehen, daß es mit dem Sozialismus nicht klappen wird. Doch kaum sind die einen mit einer sozialen Katastrophe abgetreten, stehen schon die nächsten bereit, die alles ganz anders und viel besser machen wollen. Ja die anderen, die waren eben zu dumm, zu unfähig, haben nicht die wahre Lehre gekannt. Wir aber machen nun alles richtig. Wir schaffen das Vollkommene. Ein jeder von ihnen sprach bisher so. Und versagte doch.

Natürlich muß man sich von den ganzen Versagern vor und neben einem abgrenzen. Ich bin ja so klug, mir kann so etwas nicht passieren. Und wenn die Verhältnisse doch nicht so werden, wie ich mir das vorgestellt habe, dann nur, weil ich von Unfähigen umgeben bin. Durch diese intellektuelle Eitelkeit ist mittlerweile ein ganzes Herbarium von verschiedenartigsten Sozialismen entstanden. Jeder mit einer Schaar Anhänger, welche ihre Konkurrenten kindischer und spitzfindiger schmähen, als jeder mittelalterliche Scholastiker.

Marxismus, Leninismus, Trotzkismus und wie diese ganzen Pflanzen heißen, dazu noch eine Unzahl von Bindestrich-Sozialismen, sie alle bekriegen, bekämpfen sich in ihrer verwirrenden Vielfalt. Wenn dann die Sache nach anfänglichen Erfolgen aus dem Ruder läuft und die ersten Konzentrationslager ihre Arbeit aufnehmen, dann sind stets die anderen schuld. Den naheliegenden Gedanken, nicht individuelles Fehlverhalten, sondern etwas ganz Wesentliches am Sozialismus müsse der Grund sein, denn will man nicht wahr haben.

An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen

Weil sie sich mit Inbrunst bekämpfen und weil man bei ihrer Vielfalt leicht den Überblick verliert, glaubt so manch einer, daß es in diesem Getümmel tatsächlich irgendwo die eine reine, wahre und unschuldige Lehre gibt, die dem Hoffenden doch eine vollkommene Gesellschaft verkünden kann. Alleine, an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Denn sie alle, die großen und kleinen Sozialismen, sie besitzen eine Gemeinsamkeit: Sie hassen denjenigen, der bei ihrem Sozialexperiment nicht mitmachen will. Sie hassen die „Reaktion“.

Nehmen wir mal einmal eine besonders imposante Pflanze aus der Familie der Bindestrich-Sozialismen, den „National-Sozialismus“. Wie heißt es noch einmal im Horst-Wessel-Lied? „Die Fahne hoch! Die Reihen fest geschlossen! SA marschiert mit mutig festem Schritt. Kam’raden, die Rotfront und Reaktion erschossen, marschier’n im Geist in unser’n Reihen mit.“ Jaja, die böse Reaktion, die so gar nicht wie die Nazis wollte. Die nicht an dem neuen, tollen Experiment teilnehmen mochte und sie wie die anderen Sozialisten kartätschte.

Anhänger von NSDAP und KPD mögen es ja weltanschaulich ungeheuer bedeutsam finden, wenn sie sich gegenseitig den Schädel einschlagen. Aber schlußendlich ist das auch nicht wesentlich anders, als wenn Stalinisten und Trotzkisten das gleiche machen – was diese selbstverständlich auch mit der Geste fundamentalster Wichtigkeit taten. Wer aber von den Verbrechen des Sozialismus nicht reden will, sollte auch von denen des Nationalsozialismus schweigen. Anderes wäre moralisch einfach nur noch verkommen.

Die zwingende, moralische Pflicht heutiger Sozialisten

Nichts ist verlogener, als die blumige Entrüstung eines sowjetischen Apparatschiks über die „faschistischen Banditen“, der aber in seinem eigenen Zuständigkeitsbereich, in seiner eigenen kleinen Schreibstube, munter Menschen quält, schikaniert, verfolgt und umbringen läßt. Jeder, der es wagt, nach dem ungeheuren Blutzoll, den die verschiedenen Sozialismen der Menschheit abverlangt haben, sich noch zum Sozialismus zu bekennen, muß sich dieser Verantwortung stellen. Das ist seine absolut zwingende, moralische Pflicht.

Wer dem nicht nachkommt, wer relativiert, verharmlost und sich selbst in die Tasche lügt, wer die Grundsätze seiner eigenen Ideologie auf dem Kopf stellt und statt von Basis und Überbau lieber von den „verbrecherischen Naturen“ Stalin, Pol Pot, Mao Tse-tung und so weiter spricht, die alle ihren jeweiligen Sozialismus „mißbraucht“ hätten, dem darf zurecht unterstellt werden, daß er mit dem Nationalsozialismus in Wirklichkeit kein großes Problem hat. War halt nicht der richtige Sozialismus, aber sonst, so ganz allgemein …

Die bedeutsamste Lebensleistung von Beate Klarsfeld, der Präsidentschaftskandidatin der Linkspartei, scheint wohl eine Ohrfeige für einen älteren Herrn zu sein. Und die auch noch zu unrecht, wie nun erwiesen ist. Es sei denn, die bloße Mitgliedschaft in der NSDAP reicht für eine solche aus. Dann hätte Klarsfeld aber auch gleich ihre Anstifter abwatschen können. Denn in der SED – so haben Untersuchungen inzwischen ergeben – waren prozentual mehr Ex-Nazis vertreten, als in den etablierten westdeutschen Parteien.

Warum auch nicht. Schließlich nahm die Partei doch nur ihre Aufgabe als sozialistische Einheitspartei ernst. Ihre Verbrechen, die mußten ihre geläuterten Ex-Nazis natürlich draußen lassen. Die schob die DDR-Propaganda lieber der „Reaktion“ – sprich: dem deutschen Kollektiv, solange es kein Teil eines sozialistischen Kollektivs ist – in die Schuhe. Und so geht diese Propaganda tagaus, tagein, bis heute. Dieser hätte Klarsfeld eine langen sollen. Oder gleich sich selbst, weil sie – wie so viele andere Deutsche – darauf hereinfiel.

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