Wen läßt der Krieg in der Ukraine nicht los? Mein erster Blick morgens und mein letzter abends fällt auf die Nachrichten. Kein Krieg zu Lebzeiten löste in mir eine ähnliche Erschütterung aus, hatte diese Dimension und Nähe. Bei den Balkankriegen war Rußland nicht direkt involviert – jetzt haben wir es mit einer Großmacht zu tun, die in der Ukraine mittelbar mit dem Westen die Entscheidung sucht – und offen mit dem Überschreiten der Schwelle zum Weltkrieg droht.
Wie sehr unsere Regierungen der jüngsten Vergangenheit eine Schönwetterpolitik betrieben haben, wird jetzt klar. Die Brisanz des sich anbahnenden Konfliktes wurde unterschätzt. Die hysterische Fixierung auf die abstrakte Rettung des „Weltklimas“ lenkte davon ab, daß die reale Krisenvorsorge als überflüssig fallengelassen wurde. Jetzt erfahren wir, daß fast alle Schutzeinrichtungen für konventionelle Kriege aufgegeben wurden. Auch in puncto Energiesicherheit regierte Blauäugigkeit.
In den Fokus rückt derzeit die SPD und ihre von Altkanzler Schröder propagierte, aber von der CDU-Kanzlerin Merkel exekutierte Abhängigkeit Deutschlands von russischem Erdgas. Gesichtspunkte strategischer Erpreßbarkeit wurden naiv vernachlässigt.
In puncto Energiesicherheit regierte Blauäugigkeit
Jetzt werden hektisch Terminals für Flüssiggas gebaut. Doch ist es nicht verlogen, in Deutschland das Fördern von „Fracking-Gas“ zu verbieten, um solches dann aus den USA zu importieren? Genauso verlogen wie der Ausstieg aus der Kernenergie, um anschließend Wind- und Sonnenflauten mit französischem Atomstrom auszugleichen.
Wenigstens eine Lehre aus dem Ukraine-Krieg ist es, daß Deutschland seine Energieversorgung breiter und unabhängiger organisieren wird. Fracking und Kernenergie müssen enttabuisiert werden, damit wir uns nie wieder erpreßbar machen. Wir sind zu Getriebenen geworden, weil wir sowohl energiepolitisch als auch militärisch zu wenig selbst in der Hand haben.
Putin wird an den Nationen Osteuropas scheitern
Zurück zum Krieg: Hier rollt seit Ostern wie befürchtet die russische Großoffensive im Donbas. Die Drohnenaufnahmen explodierender Panzer spiegeln das fürchterliche Grauen am Boden nicht im entferntesten wider. Es überrascht immer wieder, wer hierzulande alles die Lieferung „schwerer Waffen“ fordert und bis eben (noch immer?) den Dienst an der Waffe für die eigene Nation als unsittliche Zumutung von sich gewiesen hat.
Die mit Nato-Bündnispartnern koordinierte Lieferung von Waffen durch Deutschland an die Ukraine finde ich übrigens richtig, so schwierig die Entscheidung ist. Putins Idee einer Revision des historisch verdienten Untergangs des Sowjetimperiums wird am Freiheitswillen der Nationen Osteuropas scheitern. Eine Tragödie, welcher Blutzoll für diese Erkenntnis fällig wird.
JF 17/22