Wer hätte das gedacht. FDP-Chef Christian Lindner läßt die Sondierungsgespräche von CDU/CSU, Grünen und FDP platzen. Das Projekt Jamaika ist – vorläufig – gescheitert. Die Partei der Umfaller, der Opportunisten war gestern – unter dem smarten, zackigen Lindner opfert die FDP eine verführerische Regierungsbeteiligung, gut dotierte Minister- und Staatssekretärsposten und bleibt ihren Überzeugungen treu. So könnte man es lesen.
Und teilweise ist es auch so. Doch hätte sich die FDP genauso verhalten, wenn nicht 90 Bundestagsabgeordnete der AfD neben ihr säßen? Eine AfD, die eine Jamaika-Koalition – und vorneweg die FDP – bei allzu geschmeidigen Kompromissen sofort in die Zange nehmen und bei den kommenden Wahlen weiter unzufriedene Wähler einsammeln würde. Die AfD saß bei den Sondierungsgesprächen nämlich virtuell stets mit am Verhandlungstisch.
Es braucht knallharte Entscheidungen
Die CSU steht unter massivem Druck, weil ihr bei den Landtagswahlen im Herbst 2018 schwere Verluste zu Lasten der AfD drohen. Daß sie so konzessionsbereit gegenüber den Grünen war und sich von der FDP den Schneid abkaufen ließ, kann sich rächen.
Alle Parteien geraten am stärksten ins Schwimmen bei jenem Thema, wo es am schwierigsten ist, allein mit Symbolpolitik oder Geldgeschenken etwas zu ändern und bei dem es um die multikulturellen Lebenslügen der Bundesrepublik geht: beim drängenden Thema der unkontrollierten Masseneinwanderung unqualifizierter Migranten aus Maghreb und Nahost, die Deutschland seit dem Herbst 2015 und der „Grenzöffnung“ Angela Merkels nicht in den Griff bekommt.
Hier sind knallharte Entscheidungen fällig. Wer fällt sie? Wer setzt Abschiebungen gegen eine mächtige rot-grüne Lobby durch? Mit Jamaika und einer Konsens-Kanzlerin Merkel wäre das weitere Durchwursteln programmiert gewesen. Die FDP wußte, daß es ihr politisches Todesurteil bedeutete, wenn sie sich zum Mehrheitsbeschaffer für eine Fortsetzung der Politik unkontrollierter Einwanderung hergegeben hätte.
Der Lindner-Kurs der FDP erhöht den Druck auf die AfD
Der Lindner-Kurs der FDP erhöht wiederum den Druck auf die AfD, die bei denkbaren Neuwahlen nicht mehr als „alleinige bürgerliche Opposition“ gegen Merkel dasteht, sondern sich in härterer Konkurrenz zu einer noch selbstbewußteren FDP behaupten muß. Der AfD steht ein nicht einfacher Bundesparteitag im Dezember mit Wahl einer neuen Führung bevor.
Bei Neuwahlen müßten sämtliche Landeslisten und Kandidaten neu aufgestellt werden. Werden die Leistungsträger der jetzigen Bundestagsfraktion wieder sichere Listenplätze erhalten? In jedem Fall erleben wir einen lebhaften politischen Wettbewerb, der nur ein Gewinn für Parlamentarismus und Demokratie sein kann. Niemand kann sich zu früh ausruhen. Die Konkurrenz schläft nicht.