Nun also auch Angela Merkel. Die frühere Kanzlerin hat 2020 ihre Position mißbraucht, um Parteipolitik zu machen und der AfD heftig eine mitzugeben. Sie kann das natürlich machen, aber eben nicht mit den Ressourcen des Staates, dessen Regierungsgeschäfte sie führt. So steht es schwarz auf weiß im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwoch.
Das Ergebnis kann niemanden überraschen. Schon anderen Bundesministern war in den vergangenen Jahren von den Karlsruher Richtern immer wieder auf die Finger gehauen worden, wenn sie ihre Ministeriums-Mittel dazu nutzten, um die AfD anzugehen. So bei der damaligen Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) oder Ex-Innenminister Horst Seehofer (CSU). Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wurde bereits gerüffelt.
Immer wieder bekommt die AfD recht
Die Sache ist also klar: keine Parteipolitik auf den Internetseiten der Bundesregierung, kein AfD-Bashing in Ministeriums-Flugblättern, keine Wahl-Rückgängigmachungen auf Pressekonferenzen der Bundesregierung. Jeder Jura-Student im ersten Semester weiß das mittlerweile. Und dennoch muß die AfD regelmäßig das oberste Gericht anrufen, um ihre Rechte zu wahren.
Entweder hat diese Dauer-Neutralitätsverletzung System oder in den Bundesregierungen sitzen zu wenige Juristen. Letzteres kann definitiv ausgeschlossen werden. Merkel, Wanka, Seehofer und Konsorten untergraben das ohnehin schon erschütterte Vertrauen in einen zunehmend dysfunktionalen Staat. Wenn Regierungen ihre massiven Mittel nutzen, um die Opposition verächtlich zu machen, verkommt Deutschland zur Bananenrepublik. Da braucht sich niemand mehr an Erdogan zu stören.
Skandalöses Sondervotum einer Richterin
Ob die jetzige Exekutive daraus lernt? Abwarten. Das Grundproblem ist, daß auch das Merkel-Urteil des Verfassungsgerichtes in letzter Konsequenz eben keine Konsequenzen nach sich zieht. Karlsruhe kann nur monieren, keine Strafen verhängen oder Wiedergutmachungen gewähren. Nur feststellen. Ein scharfes Schwert sieht anders aus.
Überaus bedenklich und medial kaum wahrgenommen ist übrigens das Sondervotum der Richterin Astrid Wallrabenstein. Sie wurde von den Grünen für das Amt nominiert. Sie meint, kurz gesagt, bei der Selbstdarstellung der Regierungstätigkeit brauche es keine Neutralitätspflicht. Nur wenn wirtschaftliche Ressourcen der Regierung genutzt würden, müsse das Verfassungsgericht vielleicht etwas genauer hinschauen.
Wallrabenstein läßt dabei unter den Tisch fallen, daß die Webseite der Bundesregierung, die Merkel als Bühne für ihre parteipolitischen Spielchen nutzte, nur existiert, weil es einen überaus gut ausgestatteten Regierungsapparat gibt. Setzt sich diese Argumentation irgendwann durch, hätten sich die Parteien den Staat endgültig zur Beute gemacht. Von einem Rechtsstaat kann dann keine Rede mehr sein.