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SPD: Unsicherer Kantonist

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Abstimmung auf dem SPD-Bundesparteitag Foto: picture alliance/Sven Simon
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Unsicherer Kantonist

Wen Götter verderben wollen, dem erfüllen sie seine Wünsche. Das zeigt der Fall der SPD. Sie hat ihre einstige, millionenstarke Stammwählerschaft durch den Erfolg ihrer Politik sozial aufgelöst. Ein Kommentar von Werner J. Patzelt.
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Wen Götter verderben wollen, dem erfüllen sie seine Wünsche. Das zeigt der Fall der SPD. Nicht nur ist Deutschland nun ein sozialstaatliches Gesamtkunstwerk jenseits aller Träume der SPD-Gründer. Sondern auch die Union hat klassische sozialdemokratische Überzeugungen so verinnerlicht, daß sie zur Rivalin wurde, die der SPD ihre politischen Spielräume gern verstellt.

Ihre einstige, millionenstarke Stammwählerschaft hat die SPD gerade durch den Erfolg ihrer Politik sozial aufgelöst: erst das Industrieproletariat, dann eine aufs „Modell Deutschland“ stolze Facharbeiterschaft. Geblieben ist das lobenswerte Grundmotiv der Partei: einzutreten für Benachteiligte aller Art.

Mitleid oder Spott

Heute sind das vielerlei Minderheiten. Doch deren Interessen lassen sich in keinem mehrheitsträchtigen Programm bündeln. Und neu wirkmächtig gewordene Interessen will die SPD nicht aufgreifen: Schutz des Sozialstaates vor Übernutzung im Zeitalter der Migration, Sicherung gesellschaftlichen Zusammenhalts durch nicht-völkischen Patriotismus.

Also verschleißt man die Hauptverwalter sozialdemokratischen Substanzmangels, wird zum unsicheren Kantonisten und zur Zielscheibe von Mitleid oder Spott. Schade – und selbstverdient!

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Prof. Dr. Werner J. Patzelt ist Politikwissenschaftler und lehrte bis 2019 an der TU Dresden.

Abstimmung auf dem SPD-Bundesparteitag Foto: picture alliance/Sven Simon
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