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Donald Trump und deutscher Nanny-Journalismus: Im mundgerechten Gut-Böse-Schema

Donald Trump und deutscher Nanny-Journalismus: Im mundgerechten Gut-Böse-Schema

Donald Trump und deutscher Nanny-Journalismus: Im mundgerechten Gut-Böse-Schema

Spiegel Trump
Spiegel Trump
Spiegel-Titelseite der Ausgabe 6/2017: Trump als Dämon Foto: picture alliance / Kai-Uwe Wärner
Donald Trump und deutscher Nanny-Journalismus
 

Im mundgerechten Gut-Böse-Schema

Geht es gegen US-Präsident Donald Trump, treten für deutsche Medien bisweilen Fakten in den Hintergrund. Jedes Mittel ist Recht, um Trump zu diskreditieren. Gerade der Spiegel tat sich hier in der Vergangenheit mit bizarren Vorwürfen hervor. Dabei gäbe es genug tatsächliche Gründe, Trump zu kritisieren. <>Ein Kommentar von Lukas Mihr.<>
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Endlich einmal selbstkritische Töne beim Spiegel. „Wie hart darf man Trump attackieren?“ fragte das Hamburger Nachrichtenmagazin. In den USA tobt derzeit eine erbitterte Debatte über die Haltung der US-Regierung gegenüber mexikanischen Einwanderern. Die Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen und Trumps Pressesprecherin Sarah Huckabee Sanders wurden massiv bei privaten Restaurantbesuchen eingeschüchtert. Sanders erhielt von dem Betreiber sogar Hausverbot.

Die demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus, Maxine Waters, hatte diese Praxis indirekt unterstützt, indem sie dazu aufrief, Angehörige des Weißen Hauses auch in deren Privatleben zu „konfrontieren“. Parteifreunde widersprachen ihr. So heize man nur unnötig die Debatte auf und mache „weiße Männer“ unnötig wütend, was sich bei den kommenden Parlamentswahlen im November negativ auswirken könne.

Trump bietet genügnd Anlaß zu Kritik

Zunächst einmal: Man darf Trump mit jeder beliebigen Härte kritisieren – sofern man bei der Wahrheit bleibt. Und zu kritisieren gibt es genug: Ein Präsident, der damit prahlt, Frauen ungestraft begrapschen zu dürfen, macht sich zur internationalen Witzfigur. Häufige Personalwechsel gefährden die Kontinuität der Regierungsarbeit.

Mehreren Mitarbeitern des Weißen Hauses werden geschäftliche Interessenskonflikte vorgeworfen. Trump ist ein sprunghafter Charakter. Was er heute sagt, muß morgen nicht mehr gelten und ob es der Wahrheit entspricht ist wieder eine ganz andere Frage. Wenn Trump einen Tag nicht auf seinen privaten Golf-Ressorts verbringt, ist er damit beschäftigt, die Berichterstattung über seine Person zu verfolgen, so süchtig ist er nach Anerkennung.

Kurzum: Anlaß zur Kritik bietet der US-Präsident genug. Doch das scheint dem Spiegel nicht zu reichen. Komplexe politische Abläufe müssen für den Leser in ein mundgerechtes Gut-Böse-Schema gepreßt werden. Trump soll nicht als Dilettant, sondern als Dämon gezeichnet werden.

Anschuldigungen ohne Beleg

Mehrfach wurde im Spiegel die Prophezeiung der Publizistin Anne Applebaum wiedergegeben, die gewarnt hatte, Trumps Wahlsieg, der Brexit und eine Präsidentschaft Marine Le Pens würden zum Ende des Westens führen. Zwei Jahre später existiert der Westen jedoch immer noch.

Trumps jüngster Tweet, laut dem die Kriminalität in Deutschland infolge der Flüchtlingskrise angestiegen sei, wurde umgehend vom Spiegel verrissen. Tatsächlich zeige die jüngste Kriminalstatistik einen deutlichen Rückgang an. Das stimmt: Die Zahl der gemeldeten Verbrechen ist auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren. Allerdings ließ sich vor allem bei besonders gravierenden Straftaten wie Mord, Totschlag, Körperverletzung und Sexualdelikten ein deutlicher Anstieg beobachten.

Letzte Woche war zudem zu lesen, Trumps Einwanderungspolitik wecke die Sehnsüchte derer, die von der „Wiederherstellung des weißen Nationalstaats“ träumten. Autor Marc Pitzke lieferte keine Belege für diese schwerwiegende Anschuldigung. Für ihn selbst mag dies die einzig richtige Interpretation der Haltung des US-Präsidenten sein, doch vermischt er dabei in unzulässiger Weise Fakten und Meinungen. Gegenüber Barack Obama war die deutsche Medienlandschaft noch deutlich freundlicher. Daß er mehr illegale Einwanderer abschob als Amtsvorgänger George W. Bush, wurde nicht thematisiert.

Feindbild vom rassistischen Amerikaner

Das Feindbild vom rassistischen Amerikaner hat man beim Spiegel so liebgewonnen, daß man an ihm entgegen aller Fakten festhält. So sprach Georg Diez vom „Bürgerkrieg des Weißen Mannes“, als er nach einer Erklärung für Trumps Wahlsieg suchte. Im Klartext: Weiße Wähler stimmen für weiße Politiker.

Daß es doch nicht so einfach ist, zeigen Wahlanalysen. Auch wenn Trump prozentual mehr Stimmen von Weißen als Nichtweißen erhielt, konnte er im direkten Vergleich mit Mitt Romney vier Jahre zuvor unter Angehörigen von Minderheiten hinzugewinnen, verlor jedoch leicht unter Weißen.

Die weißen Republikaner, die in Colorado und South Carolina für Trump stimmten, votierten bei der gleichzeitig stattfindenden Senatswahl für die schwarzen Kandidaten Darryl Glenn und Tim Scott. Bei den vorhergehenden Wahlen hatten weiße Republikaner in New Mexico und Nevada für die mexikanisch-stämmigen Gouverneure Susana Martinez und Brian Sandoval gestimmt. Überhaupt stieg die Zahl der nicht-weißen Kongreßmitglieder auf einen neuen Höchststand.

Mangelnde journalistische Sorgfaltspflicht

Und warum sollten aus jenen weißen Wählern, die 2012 noch für Obama gestimmt hatten, schon vier Jahre später Rassisten geworden sein? Handelt es sich nicht vielmehr um Wechselwähler? Entscheidend war ein ganz anderer Faktor. Demokratische Stammwähler blieben lieber zu Hause, statt ihre Stimme abzugeben. Der Sieg Trumps war also bei näherer Betrachtung eine Niederlage Clintons.

Auch wurde der Spiegel nicht müde, zu betonen, daß es nach den Präsidentschaftswahlen zu einem Anstieg sogenannter Haßverbrechen kam. Das ist korrekt, im November 2016 ereigneten sich rund 1.000 „hate crimes“. Die journalistische Sorgfaltspflicht hätte es jedoch geboten, darauf hinzuweisen, daß dieser Anstieg schnell verebbte und kein einziger Mordfall zu beklagen war.

Zudem beklagte Pitzke Trumps „antisemitische Rhetorik“ – konnte diesen Vorwurf allerdings nicht mit einem Zitat untermauern? Die Vorwürfe bleiben dünn, schließlich ist Trumps Tochter Jüdin und ihr jüdischer Ehemann Berater im Weißen Haus. Erst kürzlich erhielt der US-Präsident Applaus aus Israel für seine Entscheidung, die amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen.

Angriffe gegen Trumps Umfeld

Wo die Vorwürfe ins Leere laufen, muß man dem „Umfeld“ etwas anhängen können. Diese „guilt by association“ ist schon an sich äußerst schwach – umso mehr, wenn die Vorwürfe nicht stichhaltig sind.

Trumps Chefstratege Steve Bannon wurde vorgeworfen, auf der von ihm geleiteten Nachrichtenplattform Breitbart antisemitische Artikel publiziert zu haben. Plausibel klingt dies nicht, denn Gründer Andrew Breitbart selbst war Jude, der ein bewußt pro-israelisches Online-Medium schaffen wollte. Bei genauerer Betrachtung bleibt von den Vorwürfen nichts übrig. Zwei Beiträge attackierten zwar jeweils einzelne Juden scharf, die Verfasser selbst waren aber ebenfalls jüdisch.

 

Spiegel-Titelseite der Ausgabe 6/2017: Trump als Dämon Foto: picture alliance / Kai-Uwe Wärner
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