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Trump-Wahl: Vom hohen Roß absteigen

Trump-Wahl: Vom hohen Roß absteigen

Trump-Wahl: Vom hohen Roß absteigen

Angela Merkel
Angela Merkel
Angela Merkel (CDU) mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (links, SPD) und SPD-Chef Sigmar Gabriel Foto: picture alliance / dpa
Trump-Wahl
 

Vom hohen Roß absteigen

Politik und Medien sollten ihr Ächtungsverhalten nach der Wahl von Donald Trump überdenken. Merkel muß begreifen, wie groß die Kluft zwischen politischer Klasse und Bevölkerung auch bei uns ist. In einer repräsentativen Demokratie haben politische Eliten nun einmal auf Anliegen der Bevölkerung zu reagieren. Ein Kommentar von Werner Patzelt.
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Trumps Wahl schockierte viele – auch weil sie überhaupt nicht mit ihm als Gewinner gerechnet hatten. Dazu führte eine weitverbreitete Neigung, politisch Unerwünschtes auch als faktisch unwahrscheinlich anzusehen. Ihr erliegen wir immer wieder, etwa beim Brexit oder bei den Folgen unserer Einwanderungspolitik.

Besser wäre ein nüchterner Tatsachenblick. Doch wir deuten Reales lieber dahingehend zurecht, daß es irgendwie zu unseren Wunschbildern paßt. Allerdings erlangen wir erst dann die Chance auf Ausgestaltung der Wirklichkeit entlang unserer Wünsche, wenn wir unsere handlungsleitenden Situationsdefinitionen mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung gebracht haben. Also sollten Politiker, Journalisten und zivilgesellschaftliche Eliten überprüfen, was alles an Ideologie ihren Tatsachenblick trübt. Dann wird man wohl einiger Folgen der wirkungsmächtigen kulturellen Hegemonie der „68er“ gewahr.

Populismus ist Reaktion auf das Elitenverhalten

Auch sollten wir die Standardreaktionen auf den Populismus überdenken. Der ist in vielen europäischen Staaten längst auf dem Vormarsch und hat nun in der weltweit ältesten Demokratie gesiegt. Dort war der Kampf herab vom hohen Roß moralischer Überlegenheit ebenso erfolglos wie Deutschlands hochgelobte Ausschließerei und Abgrenzeritis. Besser gehen wir endlich vom Kurieren an Symptomen zum Abstellen von deren Ursachen über.

Populismus ist ja im wesentlichen die Reaktion vieler Leute auf die Empfindung, ihre Eliten befürworteten und vollzögen Politik an weitverbreiteten Interessen und Wertvorstellungen vorbei. Sich in ernstgemeinten politischen Diskursen nicht repräsentiert empfindend, halten viele Bürger – ihrerseits oft unaufgeklärt und durchaus verblendet – alsbald vieles für richtig, stimmig und dem „wahren Volkswillen“ entsprechend, was das alles gar nicht ist.

Populismus wird dann einesteils in einer durch Elitenarroganz aufgerissenen Repräsentationslücke zum Kurzschluß zwischen Volk und Volks(ver)führern. Andernteils wirkt Populismus in einer repräsentativen Demokratie wie fiebererregendes Gift, wenn man mit ihm politisch falsch umgeht.

Empörung bricht sich am Wahltag Bahn

Unsere Standardreaktion war beim Umgang mit Pegida und AfD zu beobachten. Sie bestand in der Ansage: Ihr Populisten seid dumm, eigensüchtig, rassistisch, rechts, verachtenswert, nicht ernstzunehmen; wir aber sind menschlich wertvoll, kundig, im Recht, also anspruchsberechtigt auf weitere kulturelle und politische Vorherrschaft. Inzwischen ist ganz offensichtlich, daß solcher Umgang nichts zum Besseren wendet.

Zwar kann man zeitweise jene kleinhalten, die sich über Repräsentationslücken empören. Doch falls ein großer Teil der Bürgerschaft tatsächlich meint, die politisch-mediale Klasse wäre von ihm abgehoben, bricht sich Empörung am Wahltag unwiderstehlich Bahn – wie in Trumps Triumph und den AfD-Erfolgen. Mit Ächtungsverhalten gefällt man allenfalls sich selbst, gelangt aber nicht zum Sieg.

In einer Demokratie muß auf Anliegen eingegangen werden

Richtig wäre, daß die etablierten Parteien, Journalisten und gesellschaftlichen Eliten genau hinhörten, welche Sichtweisen, Sorgen, Ängste, Interessen und Wünsche protestierende Bürger bewegen – und zwar ganz gleich, ob es sich wie früher um Proteste von links oder, wie derzeit überwiegend, um Proteste von rechts handelt. In einer repräsentativen Demokratie haben politische Eliten nun einmal auf Anliegen der Bevölkerung zu reagieren – was nur dann gut gelingt, wenn Bevölkerungsanliegen sorgsam zur Kenntnis genommen werden.

Sodann sollten Parteien, Medien und Eliten an den zur Kenntnis genommenen Sichtweisen, Sorgen, Ängsten, Interessen und Wünschen protestierender Bürger das Eingebildete vom Realen, das Phobische vom Rationalen, das Unbegründete vom Begründeten unterscheiden. Mit dem bloß Eingebildeten, Phobischen, Unbegründeten sollten wir alle dann argumentativ-zurechtrückend, volkspädagogisch-aufklärerisch oder – wo nötig – demokratiesichernd-bekämpfend umgehen. Das entspricht im Grunde dem, was derzeit als alleinige Reaktion auf Populismus aller Art empfohlen wird.

Wer macht weniger Fehler?

Doch mit dem Realen, Rationalen und Begründeten am Bürgerprotest sollten wir uns konstruktiv-politisch auseinandersetzen. Das heißt: Die politischen Parteien sollten sich um wirksame sowie rational begründbare Lösungen realer Probleme bemühen, und sie sollten solche Anstrengungen auch klar kommunizieren. Das läuft gerade nicht darauf hinaus, populistische Redeweisen selbst zu verwenden – sondern ganz darauf, populistische Demonstrationen und neue populistische Parteien überflüssig zu machen, zumindest über ein fallweises Aufflackern hinaus.

Wie es nun in Deutschland mit dem Populismus weitergeht, hängt ganz von der Reaktion der Kanzlerin ab. Wenn sie begreift, wie groß die Kluft zwischen politischer Klasse und Bevölkerung auch bei uns geworden ist, und wenn sie ihre Art ändert, mit besorgten, inzwischen auch empörten Bürgern umzugehen, dann kann sie vielleicht neue Zuversicht stiften und womöglich Vertrauen in ihre Partei zurückgewinnen.

Zieht sie aber den Schluß, nun müsse sie erst recht „für klare Kante sorgen“, dann läßt sich der weitere Aufstieg der AfD zu einer „bundesweiten CSU“ nur dadurch hemmen, daß diese Partei ihrerseits grobe Fehler macht. Zu denen gehörte vor allem die Nachahmung von Trumps Stil und Themen in einem politisch-kulturell ganz anders geprägten Land mit seiner ganz anderen geopolitischen Lage. Seien wir also neugierig, wer weniger Fehler macht!

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Prof. Dr. Werner Patzelt lehrt Politikwissenschaft an der Technischen Universität Dresden.

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Angela Merkel (CDU) mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (links, SPD) und SPD-Chef Sigmar Gabriel Foto: picture alliance / dpa
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