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Kommentar zum Tag der Deutschen Einheit: Das Mimimi nach Dresden

Kommentar zum Tag der Deutschen Einheit: Das Mimimi nach Dresden

Kommentar zum Tag der Deutschen Einheit: Das Mimimi nach Dresden

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Proteste am Tag der Deutschen Einheit in Dresden Foto: picture alliance/dpa
Kommentar zum Tag der Deutschen Einheit
 

Das Mimimi nach Dresden

Nun ist das Wehklagen wieder groß. Kaum machen einige Demonstranten in Dresden ihrem Unmut über die Politik der Bundesregierung lauthals Luft, schon reißt, um mit Jakob Augstein zu sprechen, bei vielen Journalisten der Firnis der Zivilisation. Doch die Wut des „Pöbels“ hat Gründe. Ein Kommentar von Felix Krautkrämer.
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Nun ist das Wehklagen wieder groß. Kaum machen einige Demonstranten in Dresden ihrem Unmut über die Politik der Bundesregierung lauthals Luft, schon reißt, um mit Jakob Augstein zu sprechen, beim Großteil der deutschen Journalisten der Firnis der Zivilisation.

Von Bild („Schande in Dresden“) bis taz („Tag des deutschen Pöbels“) sind sich alle einig: so etwas geht gar nicht, darf nicht sein. Fürchterlich, beängstigend, Zeitenwende, schlimm.

Es ist müßig, daran zu erinnern, daß auch Helmut Kohl mehr als nur einmal von Demonstranten lautstark mit Buhrufen, Beleidigungen und Pfiffen empfangen wurde, denn die Protestler kamen damals eben aus dem linken Lager und waren somit Teil der „guten Welt“. Geschenkt.

Pegida begann friedlich und ruhig

Viel mehr sollte man aber einmal nach dem Grund der Wut fragen. Als Pegida vor zwei Jahren mit den Spaziergängen in Dresden begonnen hatte, war von dieser Wut noch nichts zu spüren. Im Gegenteil, die Teilnehmer demonstrierten friedlich und schweigend. Was folgte, war eine geballte Verächtlichmachung durch Medien, Politik und Kulturbetrieb, die nicht selten die Grenze zur Hetze überschritt.

Die tumben, rechten Demonstranten mit ihren eingebildeten Sorgen und diffusen Ängsten seien eine Schande für Deutschland. Pack, das gegen friedliche Einwanderer hetze. Auf die einseitige und diffamierende Berichterstattung reagierten viele Pegida-Demonstranten zuerst mit Staunen und dann mit Frust. Die Lügenpresse-Rufe wurden lauter, die Volksverräter-Anklagen häufiger.

In ihrer Hochphase brachte Pegida mehrere Zehntausend Demonstranten auf die Straße. Sie einte die Sorge vor einer Ausbreitung des radikalen Islam in Deutschland und den unkontrollierbaren Folgen einer verfehlten Einwanderungs- und Integrationspolitik. Doch je mehr Demonstranten kamen, um so heftiger wurde der mediale und politische Gegenwind. Rattenfänger, Abschaum, Mischpoke: Anstatt auf die Bedenken der Demonstranten einzugehen, wurden sie beschimpft.

Journalisten und andere Volkspädagogen

Im Spätsommer dann öffnete die Bundesregierung die Grenzen für Hunderttausende Asylsuchende, und wenig später wurde das wahr, wovor Pegida und andere „besorgte Bürger“ immer gewarnt hatten. Als Asylbewerber getarnte islamische Terroristen, sexuelle Massenübergriffe, Terroranschläge in Würzburg und Ansbach.

Doch anstatt sich kritisch mit den Auswirkungen der Merkelschen Asylpolitik auseinanderzusetzen, arbeiteten sich Journalisten und andere Volkspädagogen weiterhin an den angeblich chronisch-fremdenfeindlichen „Zonis“ ab, weil diese den Verheißungen von Multikulti nicht ganz so begeistert begegneten wie die Kulturschickeria im Prenzlauer Berg.

Die Lager verhärteten sich, und die Gräben wurden tiefer. Auf Verachtung folgte Wut, die mit noch größerer Verachtung beantwortet wurde. Gerade jene, die stets zur Differenzierung mahnten, verurteilten ganze Städte und Dörfer pauschal von der Kanzel herab. Bautzen, Freital, Arnsdorf, Clausnitz. Immer wieder Sachsen, Kaltland.

Und ausgerechnet ins dunkle Herz dieses „Kaltlands“, nach Dresden, kommen nun Angela Merkel, Joachim Gauck, Claudia Roth und andere zusammen, die für das ganze Ausmaß der Misere verantwortlich gemacht werden, um – abgeschirmt von Polizeikräften – den Jahrestag einer Einheit zu feiern, die wohl nie weiter entfernt war.

Tiefe Spaltung

Das Deutschland des Jahres 2016 ist tief gespalten, nur verläuft die Teilung nicht mehr wie einst zwischen Ost und West, sondern zwischen den Lagern „Wir schaffen das“ und „Wir schaffen das nicht“. Zwischen „Refugees welcome“ und „Refugees not welcome“, zwischen Lückenpresse und realexistiernder Einwanderungsgesellschaft, zwischen „Wir sind das Volk“ und „Ihr seid nicht das Volk“, zwischen „We love Volkstod“ und „Wir wollen keine Umvolkung“, zwischen politisierten Amtskirchen und gewöhnlichen Gläubigen – und letztlich auch immer mehr zwischen Politik und Bürgern.

Nun kann man auf die Volksverräter- und Hau-ab-Rufe in Dresden mit den typischen Beleidigungen reagieren und die Demonstranten als „Unbelehrbare“ und „Pöbler“ (Die Zeit) oder „spektakulär ignorante Asoziale“ (Jan Böhmermann) beschimpfen.

Man kann auch einfach zur Tagesordnung übergehen und ungerührt an der gegen die Interessen der eigenen Bürger gerichteten Einwanderungs- und Asylpolitik festhalten. Man kann sich in Debattenbeiträgen und Kommentaren wehleidig und einseitig über die Verrohung der politischen Diskussionskultur beklagen. Das alles kann man machen. Man sollte sich dann aber nicht wundern, wenn die wütenden Rufe beim nächsten Mal noch lauter sein werden.

Proteste am Tag der Deutschen Einheit in Dresden Foto: picture alliance/dpa
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