Ich und mein Bruder Jaroslaw sind Anhänger der Todesstrafe – aber nur für Mord. Dieses Vorhaben zu verwirklichen, wird allerdings nicht leicht werden.“ „Die Förderung der Homosexualität (ist)eine Sackgasse unserer Zivilisation.“ Er sei „Anhänger der freien Marktwirtschaft“, aber gegen die „liberale Utopie“ und die EU-Verfassung, weil sie „in Richtung eines Quasi-Superstaates geht“. Hätte dies ein Politiker in einem „alten“ EU-Land erklärt, wäre seine Karriere wohl zu Ende gewesen. Doch dies sagte der polnische Präsidentschaftskandidat Lech Kaczynski kürzlich im Interview mit dieser Zeitung (JF 34/05). Seine in Polen als sozial-konservativ geltende (im EU-Parlament mit der „postfaschistischen“ italienischen Regierungspartei Alleanza Nazionale verbündete) Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) wurde bei den Sejm-Wahlen am 25. September stärkste Kraft. Am 9. Oktober treten nun über ein Dutzend Kandidaten zur Präsidentschaftswahl an, aber nur Lech Kaczynski und der Wirtschaftsliberale Donald Tusk (von der zweitstärksten Partei PO) haben Chancen, in die Stichwahl zu kommen. Die Kaczynski-Zwillinge (Jaroslaw ist PiS-Chef) wurden 1949 in Warschau geboren. Ihr Vater kämpfte im Zweiten Weltkrieg bei der antikommunistisch-nationalen Heimatarmee (AK) – was auch erklärt, warum sie wie viele Polen weder zu Deutschland noch zu Rußland ein entspanntes Verhältnis haben. Die PiS fördert offen die antirussischen Kräfte in der Ukraine und Weißrußland. Wie die PO unterstützt die PiS die milliardenschweren Reparationsdrohungen an Deutschland, die Lech Kaczynski in der JF als Reaktion auf die Forderungen der Preußischen Treuhand verteidigte. Dafür gelten die USA als Schutzmacht und die Unterstützung des Irak-Krieges daher als Selbstverständlichkeit. In Polen sind Lech und Jaroslaw keine Unbekannten, sie wurden schon 1962 durch ihre Hauptrolle als Jacek und Placek im Kinderfilm „Von zweien, die den Mond stahlen“ berühmt. 1976 promovierte Lech in Jura an der Universität Danzig, seit 1980 ist er Berater von Solidarnosc-Gründer Lech Walesa. Nach 1989 kommt er in zahlreiche politische Funktionen. Als „harter“ Justizminister und Generalstaatsanwalt unter dem Solidarnosc-Premier Jerzy Buzek (2000/2001) avancierte er zu einem der populärsten Politiker Polens. 2002 wird er Bürgermeister von Warschau. Kaczynski verlangt eine Verfassungsreform mit mehr Vollmachten für den Präsidenten. Zudem verspricht er die „Säuberung des Staates“: ein konsequentes Vorgehen gegen postkommunistischen Filz sowie diverse Strafverschärfungen. Als Bundespräsident Horst Köhler und CDU-Chefin Angela Merkel im Sommer Polen besuchten, gab es Treffen mit „bürgerlichen“ PO-Politikern, aber keine mit den „rechten“ Kaczynskis. Das dürfte sich ändern: Wenn Lech nicht Präsident wird, dann könnte Jaroslaw als Premier für einen rauheren national-polnischen Wind aus Warschau sorgen.