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Das passive Bürgertum

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Das passive Bürgertum

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Eigentlich wollte ich hier nicht noch einmal die Guttenberg-Debatte thematisieren, aber der Facebook-Aufstand für ihn und der Wirbel um die kleinen Pro-Guttenberg-Demonstrationen sind über den Fall hinaus sehr interessant.

Zunächst zur Plagiatsdebatte selbst: ich kann sowohl die Gegner als auch die Befürworter von Guttenberg verstehen, denn die Sache hat ihre zwei Seiten. Zweifellos wäre es niemals zum Rücktritt Guttenbergs gekommen, gäbe es nicht die linke Medienmafia, deren Sorge um Anstand und Sitte nur Heuchelei war. Ihr geht es nur darum, einen der letzten Politiker kaltzustellen, der in den Augen vieler als Bollwerk des Bürgertums galt. Diesen Augen entging freilich häufig, daß er beispielsweise auch meinte, Thilo Sarrazin rügen zu müssen und daß auch er im Bundestag für einen 750 Milliarden Euro schweren, rechtswidrigen „Rettungsschirm“ stimmte.

Allerdings ist es natürlich schwierig, wenn man einerseits schon 25 Euro berappen muß, weil man auf dem Fahrrad kurz aufs Handy geschaut hat, während anderseits die Fehler Guttenbergs als Lappalie behandelt werden. Auf der anderen Seite: Ich habe auch genug Schul- und Uni-Erfahrung, um zu wissen, daß moralisches Aufplustern über Schummeleien im Schul- und Universitätsbetrieb eine sehr glashausige Sache sind, bei der wohl fast jeder nicht allzu große Hinkelsteine griffbereit halten sollte.

Die Empörung der Wutbürger speist sich doch aber aus etwas völlig anderem, nämlich daß die Medien- und Meinungsmafia den Fall nur instrumentalisiert und suggeriert: seht her, so sind sie, die Adligen und Konservativen. Daß die Wochenzeitung Die Zeit Guttenberg in einer Überschrift als „Lügenbaron“ bezeichnete, zeigt, woher der Wind weht 

Autobahn-Alarm 

Die Medienmafia tut ja mal wieder geradezu so, als ob Guttenberg der zweite Adolf Hitler sei. Stefan Tillmann etwa sah sich in der Financial Times Deutschland wegen einer Debatte um eine Doktorarbeit in eine „Diktatur der Deppen“ versetzt, auf welche die „ehemals bürgerlichen Parteien“ „wie Rechtspopulisten“ spekulierten. Im Handelsblatt hieß es zur Guttenberg-Debatte: „Doch die Unionsreihen sind inzwischen nicht mehr so geschlossen.“ Wer denkt, der Satz erinnere nur versehentlich an das ehemalige SA-Kampflied „Die Reihen fest geschlossen“, der weiß nicht, wie die Linken über das Bürgertum denken!

Nur weil die Bild-Zeitung Partei für Guttenberg ergriff und nicht brav devot war, gab es mediale Kloppe vom Spiegel, dem brutalen Cliquen-Chef auf dem politischen Schulhof. „Die Brandstifter“ lautete eine Titelgeschichte über die Bild-Zeitung. Die Bild spiele „die Rolle einer rechtspopulistischen Partei, die es in Deutschland noch nicht gibt“, wird Spiegel-Reporter Ullrich Fichtner in dem Blatt zitiert. Die Journalistin Bettina Röhl spottet auf Facebook über den Spiegel, er habe sich „mit fast stauffenbergschem Mut“ an der Kampagne gegen Guttenberg beteiligt.

Allerdings könnten manche linke Guttenberg-Gegner – wie so oft bei den Linken – die Antifa-Seite und die Fa-Seite durcheinandergebracht haben, will sagen: sie schließen in einem Verdrängungsreflex von ihrem eigenen Fa auf andere. Spiegel Online zitierte jedenfalls Guttenbergs Vater Enoch zu Guttenberg wie folgt: „Dieser Geifer und dieser Jagdrausch der politischen Gegner macht Angst um das Verbleiben der Mitmenschlichkeit in unserem Land.“ Und weiter: „So etwas habe er seit 1945 so nicht mehr erlebt.“ Autobahn-Alarm 

Ich bin sicher, daß viele von denen, die bei Facebook für Guttenberg Partei ergreifen, gar nicht so begeisterte Anhänger Guttenbergs sind, sondern es ist die völlig verständliche Empörung bis hin zu Ekel, und Haß über die linken Medien, die sie umtreibt. Und egal, ob es nun wirklich über 500.000 Guttenberg-Anhänger bei Facebook sind: das repräsentative ZDF-Politbarometer ermittelte Ende Februar, daß 75 Prozent der Deutschen gegen Guttenbergs Rücktritt waren. Bei den Demonstrationen zeigte sich davon aber wenig.

Der Bürger schlägt erst zu, wenn es wirklich direkt etwas zu holen gibt

 Dies war nicht anders zu erwarten, denn das Bürgertum ist extrem demonstrationsscheu, weshalb es den Linken leicht gemacht wird, anzunehmen, daß dieses Bürgertum gar nicht existiere. Bei der Sarrazin-Debatte konnte man das auch auf sehr krasse Weise beobachten: Über eine Million Menschen kauften sein Buch und die Mehrheit stand laut Umfragen hinter ihm. Doch als Sarrazin sein Buch vorstellte, demonstrierten vor dem Haus der Bundespressekonferenz nur etwa 100 linke Verrückte. Nur einzelne Leser des Blogs „PI-News“ und Vertreter des „Instituts für Staatspolitik“ tauchten zwischendurch auf.

Der Bürgerliche hat eine natürliche, instinktive Verachtung über das Politische als solches. Es gibt eben wichtigeres im Leben. Vor allem Dinge, die man auch direkt als einzelner beeinflussen kann, ohne sich ständig in gleichgeschaltete Volksmassen einfügen zu müssen. Der Bürger schlägt erst zu, wenn es wirklich direkt etwas zu holen gibt – so wie 1989. Wenn Politik nicht meine Ersatzdroge wäre, würde ich wohl genauso verfahren. Doch ein 1989 wird es vielleicht diesmal nicht geben, daher täte ein bürgerliches Erwachen wohl gut. Doch während Merkel & Co das Land vor die Wand fahren, sitzt das Bürgertum auf seinem Balkon und ißt einen Kuchen.

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