BERLIN. Die Berliner Feuerwehr hat seit Jahren kaum noch Kapazitäten für einsatzrelevante Fortbildungen. Übungen zur technischen Hilfeleistung und zum Umgang mit Gefahrstoffen wurden mehrfach gestrichen oder stark eingeschränkt. Eine Ausnahme bildete Ende Mai eine Schulung – jedoch nicht zu Brandbekämpfung oder Rettungstechnik, sondern zum Thema „toxische Männlichkeit“.
Am 28. Mai trat in der Hauptfeuerwache Mitte ein Literaturwissenschaftler auf, der ein „Institut für kritische Männerforschung“ betreibt, berichtet die Berliner Zeitung. Er sprach über männliche Machtstrukturen, zog über Bundeskanzler Friedrich Merz, Elon Musk und Donald Trump her und bezeichnete das Christentum laut Teilnehmern als „feuchten Männertraum“. Der Islam blieb unerwähnt. Die Feuerwehr zahlte für den Vortrag 1.800 Euro.
„Toxische Männlichkeit mit dem Holocaust gleichgesetzt“
Den Tiefpunkt erreichte die Veranstaltung nach Angaben von Zuhörern, als der Referent den Begriff „Banalität des Bösen“ – geprägt von Hannah Arendt zur Beschreibung des Holocaust-Bürokraten Adolf Eichmann – in Zusammenhang mit „toxischer Männlichkeit“ setzte. „Er hat quasi den Holocaust und die heutige, aus seiner Sicht toxische Männlichkeit mit dem Holocaust gleichgesetzt“, zitiert die Berliner Zeitung einen Teilnehmer.
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Trotzdem wurde die Veranstaltung offiziell als Fortbildung anerkannt. 74 Teilnehmer erhielten bis zu zweieinhalb Stunden Dienstzeit gutgeschrieben. Eine inhaltliche Bewertung der Äußerungen lehnte die Behördenleitung gegenüber dem Blatt ab – „insbesondere Bewertungen ‚aus der Ferne‘“. Man wolle den Raum der offen geführten Diskussion nicht belasten, sagte ein Sprecher. Allerdings distanzierte die Berliner Feuerwehr sich „ausdrücklich von einer Verharmlosung von Bösem“.
Berliner Einsatzkräfte sind schlecht ausgerüstet
Seit Jahren mangelt es an grundlegender Ausbildung im Berliner Einsatzwesen. Nach einem Chemieunfall im Mai 2024 wateten Feuerwehrleute ohne ausreichenden Schutz durch kontaminiertes Wasser und nahmen dort ihre Mahlzeiten ein. Auch die zwei Polizeigewerkschaften kritisieren regelmäßig schlechte Verpflegung bei Großeinsätzen in der Hauptstadt.
Übungen zur Rettung von Personen unter Straßenbahnen wurden in der Vergangenheit wiederholt abgesagt – mit tödlichen Folgen. 2018 war ein Mädchen gestorben, nachdem eine improvisierte Hebeaktion der Feuerwehr scheiterte. Gerichte stellten kein persönliches Verschulden der Feuerwehrmänner fest – sie wurden freigesprochen. Das Organisationsversagen blieb hingegen bis heute folgenlos. (sv)