BERLIN. Der Schaden für die Staatskasse durch vom damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu überteuerten Preisen erworbene Corona-Masken ist deutlich größer als bisher bekannt. Er summiert sich auf 623 Millionen Euro – bisher war „nur“ von 467 Millionen Euro die Rede.
Diese Zahlen gehen aus einer Untersuchung hervor, die die interne Sonderermittlerin im Ministerium, die ehemalige Justizstaatssekretärin Margaretha Sudhof (SPD), erstellte und über die die FAZ berichtet.
Der Schaden für den Steuerzahler ist damit mehr als doppelt so hoch, wie der, den der damalige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit seiner gescheiterten Pkw-Maut anrichtete.
Weitere 2,3 Milliarden Euro auf der Kippe
Noch nicht eingerechnet sind die zahlreichen offenen Rechnungen, die das Gesundheitsministerium trotz der Bestellungen unter Spahn bisher nicht bezahlt hat. Die Hersteller klagen auf insgesamt 2,3 Milliarden Euro und haben entscheidende Prozesse bereits gewonnen.
Hintergrund der Untersuchung ist, daß Spahn die von der zuständigen Abteilung in seinem Haus vorgeschlagenen Preise eigenmächtig um rund 60 Prozent erhöhte. Der Durchschnittspreis für Masken lag damals, im März 2020, bei 2,83 Euro netto. Die Abteilung empfahl einen Kaufpreis zwischen 2,50 und 2,90 Euro netto. Mit einem Federstrich änderte Spahn ihn auf 4,50 Euro. Mit der Mehrwertsteuer waren es 5,36 Euro – für eine einzige Mund-Nasen-Bedeckung. Was ihn dazu veranlaßte, ist bis heute unklar.
Geld auf Konten von Freunden umgeleitet?
Die Grünen werfen Spahn sogar Bereicherung seines Umfeldes vor: „Man muß befürchten, daß in diesen Krisenwochen im Gesundheitsminister der Eindruck entstand, ,jetzt oder nie‘, um ungestraft Milliarden an Steuergeldern auf die Konten von Freunden und Bekannten umzuleiten“, sagte die grüne Haushalts- und Gesundheitspolitikerin Paula Piechotta der FAZ.
Einen solchen Verdacht äußert die Sudhoff-Untersuchung zwar nicht. Aber die erhebt einen weiteren sehr schweren Vorwurf. „Er könnte auch gegen den als Verbotsgesetz ausgestalteten Höchstpreisgrundsatz verstoßen haben.“
Spahn soll gegen Höchstpreisverbot verstoßen haben
Laut dem Gutachten geht es dabei um die Verordnung PR Nr. 30/53 „über die Preise bei öffentlichen Aufträgen“. Daraus ergebe sich eine „Höchstpreisvorschrift mit Verbotscharakter“, wonach „Rechtsgeschäfte, die gegen den Höchstpreisgrundsatz verstoßen, in Bezug auf den unzulässigen Preis nichtig sind“.
Im Falle eines Marktversagens und von Notlagen könnten zwar Preisausschläge zulässig sein. Genau das aber müsse erst einmal geklärt werden, und zwar für jede einzelne Transaktion. Spahn wollte sich zu dem schwerwiegenden Verdacht nicht äußern. Er ließ lediglich ausrichten, seit dreieinhalb Jahren keinen Zugang mehr zu den Akten des Gesundheitsministeriums zu haben. (fh)