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Selbstoptimierung durch LSD: „Microdosing“ verspricht Therapie ohne Trips – ein Wunschtraum?

Selbstoptimierung durch LSD: „Microdosing“ verspricht Therapie ohne Trips – ein Wunschtraum?

Selbstoptimierung durch LSD: „Microdosing“ verspricht Therapie ohne Trips – ein Wunschtraum?

"Microdosing" beispielsweise mit LSD wird zur Leistungssteigerung genutzt
"Microdosing" beispielsweise mit LSD wird zur Leistungssteigerung genutzt
„Microdosing“ beispielsweise mit LSD wird zur Leistungssteigerung genutzt (Symbolbild) Foto: picture alliance / Zoonar | Kheng Ho Toh
Selbstoptimierung durch LSD
 

„Microdosing“ verspricht Therapie ohne Trips – ein Wunschtraum?

Wer mehr leisten will im Beruf, kann das auch mit Doping tun. Das sogenannte „Microdosing“ ist ein Trend, bei dem beispielsweise geringe Mengen LSD die Leistungsfähigkeit steigern sollen. Doch klammern Nutzer nur zu gern die Risiken psychoaktiver Substanzen aus.
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Cato, Palmer, Exklusiv

Psychedelika wie LSD oder bewußtseinsverändernde Pilze gelten längst nicht mehr nur als Rauschmittel der Hippie-Bewegung. Das Phänomen „Microdosing“ hat den Markt neu belebt. Die Absicht hinter der Einnahme ist dabei häufig eine gänzlich andere als noch zu Zeiten von freier Liebe und Flower-Power. Das Ziel heißt Selbstoptimierung.

Doch von vorn: Unter „Microdosing“ versteht man den Konsum psychoaktiver Substanzen in geringen Mengen. Nicht nur die Nebenwirkungen werden dabei herabgesetzt, sondern auch die eigentliche Wirkung. In den meisten Fällen handelt es sich um eine zehn- bis 20-mal niedrigere Dosis gegenüber der üblichen Rauschmenge. Gängige Substanzen, die verwendet werden, sind LSD und Psilocybin, der Wirkstoff in den sogenannten Magic-Mushrooms. Seltener wird auch auf Meskalin oder DMT, die berauschende Komponente hinter „Ayahuasca“-Zeremonien, zurückgegriffen. Aber was versprechen sich die Konsumenten davon?

Der Trend, ursprünglich von den Programmierern und Managern des Silicon Valley ausgehend, suggeriert eine Optimierung des täglichen Lebens. Anwender berichten von einem besseren Erinnerungsvermögen, einer schnelleren und kreativeren Arbeitsweise und der Verminderung von Angstzuständen. Die Droge soll den Fokus schärfen und die Arbeitsbelastung minimieren. Und das in Rekordzeit: LSD beispielsweise wirkt schon nach etwa 30 Minuten.

Konsumenten können auf Ratgeberliteratur zurückgreifen

Damit sind die angeblichen Wundermittel für die Psychedelika-Jünger die Antwort auf die Anforderungen einer digitalen Arbeitswelt, in der flexibles Denken und Schnelligkeit besonders gefragt sind. Im Gegensatz zu bekannten Aufputschmitteln aus dem Bereich der illegalen Drogen wie Kokain, sind die psychedelischen Alternativen weniger toxisch und sogar legal zu konsumieren. 1V-LSD zum Beispiel, eine sogenannte Prodrug, fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz und ist (noch) legal im Internet zu bestellen, da es sich erst im Körper zum berauschenden Wirkstoff umwandelt.

Ein besonderes Augenmerk liegt neben der oben beschriebenen Dosierung ebenso auf den zeitlichen Abständen der Einnahme. Da der Körper besonders bei der Einnahme von Psychedelika schnell eine Toleranz entwickelt, wird die Mini-Dosis in der Regel nur jeden dritten Tag eingenommen.

Orientierung für „sicheren“ Konsum finden die Rauschmittel-Anwender dabei in den Richtlinien von James Fadiman. Der amerikanische Psychologe zählt zu den bekanntesten Forschern im Bereich der Mikrodosierung und gibt in seinem Werk „The Psychedelic Explorer’s Guide“ einige Tipps zum bestmöglichen Konsum.

Einen allumfassenden Schutz vor negativen Erfahrungen und „Trips“ bietet jedoch auch Fadiman nicht. Da jeder Anwender unterschiedlich auf die Substanzen reagiert und im Allgemeinen die Wahrnehmung verstärkt wird, können durch die Einnahme auch negative Empfindungen gefördert werden. Die Folge: Unruhe und Angstzustände. Nicht zu vernachlässigen ist bei dem Konsum von psychedelischen Drogen außerdem die Gefahr einer drogenindizierten Psychose. Die dadurch entstehenden Schäden können unter Umständen sogar irreversibel sein. Trotz der geringen Toxizität von Pilzen und Co. gilt: Ungefährlich ist der Trend nicht.

Beruht „Microdosing“ nur auf Placebo-Effekt?

Umso verwunderlicher mag es daher auf den ersten Blick erscheinen, daß durch die Mini-Einnahme der beschriebenen Drogen sogar eine Verbesserung der psychischen Gesundheit herbeigeführt werden soll. Denn nicht nur der leistungssteigernde Aspekt des „Microdosings“ erlebt Hochkonjunktur, auch das Seelenheil soll durch den Konsum aufgebessert werden. Denn: Ähnlich wie Antidepressiva wirkt LSD auf das Serotonin-System des Körpers. So berichten psychisch Kranke von positiven Effekten auf das Wohlbefinden nach einer Microdose-Therapie. Ärzte erklären den Erfolg unter anderem mit der steigenden Gefühlswahrnehmung und damit zusammenhängend auch einer erhöhten Empathiefähigkeit.

Bisher fehlen jedoch weitreichende wissenschaftliche Untersuchungen, die nachweisen, daß es sich bei den Erfolgen nicht allein um die Wirkung des Placebo-Effektes handelt. Zweifel bestehen auch wegen des breiten Einsatzgebietes der Drogen. Egal mit welchem Vorsatz die Anwender ihre „Microdosing“-Therapie beginnen, positive Auswirkungen scheinen die Regel zu sein. Sollten sich derartige Effekte jedoch wissenschaftlich bestätigen lassen, wäre dies auch ein medizinischer Durchbruch.

Laut Bundesgesundheitsministerium leiden etwa 16 bis 20 Prozent der Bundesbürger einmal in ihrem Leben an einer depressiven Verstörung. Auch die Zahlen der WHO sind besorgniserregend. Nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2019 leiden fast eine Milliarde Menschen weltweit unter einer psychischen Erkrankung, während der Corona-Pandemie sei die Zahl noch weiter angestiegen.

„Microdosing“-Events laden zum Drogenkonsum

Eine Studienlage, die vielversprechende Hinweise auf einfache Heilmöglichkeiten dieser Erkrankten durch „Microdosing“ liefert, gibt es bisher nicht, im Gegenteil: Eine Studie von Harriet De Wit, Professorin für Psychiatrie und Verhaltensneurowissenschaften an der Universität Chicago, gab Hinweise auf Effekte, die durch den Placebo-Effekt ausgelöst wurden. So wurden einer Gruppe von 56 Teilnehmern mehrfach jeweils unterschiedliche Dosierungen von LSD verabreicht. Trotz absolvierten Tests und Stimmungsfragebögen konnten keine Unterschiede zwischen den Probanden festgestellt werden.

Eine Studie vom Imperial College London aus dem Jahr davor deutet ebenfalls auf Erfolge durch Einbildung hin. Zwar zeigten die 191 Teilnehmer der Untersuchung häufig positive Effekte, dies geschah allerdings unabhängig davon, ob sie tatsächlich LSD verabreicht bekamen oder nur ein Placebo einnahmen.

Egal ob Einbildung oder nicht: Um den Trend hat sich bereits eine eigene Szene entwickelt. Im Internet finden sich Foren mit zehntausenden Mitgliedern. Sogar „Microdosing“-Events gibt es mittlerweile. Neugierige können etwa in Berlin Veranstaltungen mit Namen wie „Morphing Doors“ besuchen. Die Besucher erwarte eine psychedelische Reise mit Musik und Klängen, die von professionellen Trip-Begleitern unterstützt wird. Die nötige Dosis LSD ist im Eintrittspreis übrigens schon enthalten.

„Microdosing“ beispielsweise mit LSD wird zur Leistungssteigerung genutzt (Symbolbild) Foto: picture alliance / Zoonar | Kheng Ho Toh
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