STUTTGART. Der frühere Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hat gefordert, mehr Migranten von den griechischen Inseln nach Deutschland zu holen.
„Die Zustände in den griechischen Flüchtlingseinrichtungen sind mit dem christlichen Menschenbild nicht vereinbar. Das muß für uns wie eine Ohrfeige sein, wenn Gerichte feststellen, daß man Menschen nicht dorthin zurückschicken kann, weil die Situation unerträglich ist“, sagte Kauder der Schwäbischen Zeitung. Wenn Unterkünfte wie auf der Insel Lesbos die Antwort auf die Flüchtlingsproblematik seien, „dann hat dieses Europa seine Seele verloren“.
Seiner Ansicht nach wäre Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auch bereit, mehr Migranten aus Griechenland aufzunehmen, wenn seine eigene Fraktion ihn dabei unterstützen würde. „Deshalb müssen CDU und CSU einen Schritt nach vorne tun, für den menschlich akzeptablen Umgang mit Migranten in Europa.“
„Jeder Flüchtling ist Ebenbild Gottes“
Kauder wirbt schon seit längerem für mehr Engagement in der Flüchtlingsfrage. Erst im Januar mahnte er seine Partei, sich mehr am C im Parteinamen zu orientieren. Zum christlichen Menschenbild zähle auch, daß jeder Flüchtling ein Ebenbild Gottes sei und auch so behandelt werden müsse.
„Was sich da gerade in Griechenland abspielt oder in Bosnien-Herzegowina, das ist eine Schande für Europa“, kritisierte er. Wenn er beispielsweise mit Chinesen über Menschenrechte oder die mangelnde Religionsfreiheit in China diskutiere, hielten diese ihm die Situation der Flüchtlinge in Europa vor. „Das beschämt mich. Das ist eines Europas, das mehr sein muß als Euro und Cent, unwürdig“, beklagte Kauder gegenüber der Zeit.
Im Dezember zählte Kauder zudem zu einer Reihe von Politikern von CDU, SPD, Grünen, FDP und Linkspartei, die sich in einem sogenannten Weihnachtsappell für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge von den griechischen Inseln stark machten.
Weitere 130 Migranten erwartet
Nach dem Brand im Lager Moria auf der Insel Lesbos im vergangenen September hatte sich Deutschland bereit erklärt, rund 1.500 Migranten von dort aufzunehmen. Hinzu kommen weitere 1.250 Personen, bei denen es sich laut Bundesregierung in erster Linie um behandlungsbedürftige Kinder und ihre Kernfamilien handeln soll.
Als Anfang Oktober mit einem zweiten Flug 139 Flüchtlinge aus Moria nach Deutschland kamen, wollte die Regierung keine Angaben zu Alter und Geschlecht der Personen machen. Sie teilte nur mit, daß es sich um 51 unbegleitete Minderjährige und 17 kranke Kinder samt Kernfamilien gehandelt habe.
Derzeit hat Deutschland bereits 333 solcher Flüchtlinge aufgenommen. Am morgigen Mittwoch sollen rund 130 weitere in der Bundesrepublik ankommen. (krk)