BERLIN. Politiker von Grünen und SPD haben sich erneut dafür ausgesprochen, das Wahlalter herabzusenken. „Ich bin überzeugt davon, daß junge Leute mit 16 sehr wohl in der Lage sind, eine verantwortliche Wahlentscheidung zu treffen. Wir sollten ihnen diese Möglichkeit geben“, sagte Familienministerin Franziska Giffey (SPD) am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa.
Auch SPD-Chefin Saskia Esken betonte, die SPD fordere die Absenkung sowohl des aktiven als auch des passiven Wahlalters für alle Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und EU-Parlamentswahlen. „Wir müssen jungen Menschen die Möglichkeit geben, mitzubestimmen und mitzugestalten.“
Grünen-Chef Robert Habeck unterstützte die Forderung ebenfalls. „Wir leben in einer Zeit, in der die Mündigkeit der jungen Generation schon viel früher einsetzt. Es wäre schön, wenn der Gesetzgeber das sehen könnte und nachziehen würde“, sagte er der dpa. Die Wahlmöglichkeit ab 16 Jahre sollte bereits bei der nächsten Bundestagswahl gegeben sein.
CSU-Generalsekretär: Wahlrecht sollte an Volljährigkeit gekoppelt bleiben
Am 31. Juli vor 50 Jahren war eine Gesetzesänderung in Kraft getreten, die das Wahlalter für Bundestagswahlen von 21 auf 18 senkte. „Junge Menschen wollen mitreden, beteiligt sein und selbst gestalten. Das ist gut und belebt die Debatten in unserem Land. Sie wissen, was für ihre Zukunft wichtig ist, und viele wollen auch selbst einen Beitrag leisten“, ergänzte Giffey. „Ihre Sicht auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen muß ernst genommen und berücksichtigt werden.“
Kritik an dem Vorstoß kommt von der CSU und der AfD. CSU-Generalsekretär Markus Blume wies darauf hin, es habe sich bewährt, daß Wahlrecht und Volljährigkeit gekoppelt seien. Die volle Strafmündigkeit, der Führerscheinbesitz und andere Rechte und Pflichten knüpften an die Volljährigkeit mit 18 an. „Das ist auch der richtige Maßstab für das Wahlrecht als oberstes Recht in der Demokratie.“
AfD: SPD fordert Herabsenkung wegen schwindender Umfrageergebnisse
Der kommunalpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag, Michael Frisch, begründete die Ablehnung seiner Partei damit, daß Personen vor dem 18. Lebensjahr von den meisten bürgerlichen Pflichten befreit und nur beschränkt geschäftsfähig seien. „Dementsprechend sollten sie auch das vornehmste Recht eines Bürgers, das Wahlrecht, erst dann erhalten, wenn sie diese Pflichten gegenüber der Gemeinschaft erfüllen müssen. Es darf keine Rechte ohne Pflichten geben.“
Daß linke Parteien immer wieder die Herabsenkung des Wahlalters forderten, habe taktische Gründe. „Angesichts schwindender Umfrageergebnisse der SPD leuchtet ein, sich durch die Herabsetzung des Wahlalters neue Wählerschichten zu erschließen. Außerdem nimmt die SPD seit Jahren Einfluß auf das Bildungssystem. Auch vor diesem Hintergrund ist ein Wahlalter ab 16 abzulehnen.”
In Umfragen oder bei Probe-Wahlen von 16- bis 18jährigen kommen vor allem die Grünen zu deutlich stärkeren Ergebnissen als bei älteren Wählergruppen. In einigen Bundesländern gilt bei Kommunal- und Landtagswahlen bereits jetzt schon das Wahlrecht ab 16 Jahre. (ls)