BERLIN. Nach der Bluttat von Hanau und den Schuldzuweisungen an die AfD hat deren Führung von allen Parteien und den Medien Zurückhaltung gefordert. Es sei nun Zeit, in sich zu gehen und verbal abzurüsten, sagten der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla und der Chef der Bundestagsfraktion, Alexander Gauland, am Montag vor Journalisten in Berlin. „Auch wir haben uns manchmal in der Wortwahl vergriffen“, räumte Gauland ein.
Wie alle anderen habe die Partei zunächst einmal geschockt auf die grauenvolle Tat reagiert. Es sei doch eigentlich selbstverständlich, daß man erst einmal in Ruhe trauert – und auch die Ermittlungsergebnisse abwartet, äußerte Chrupalla.
Gemeinsam mit seinem Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen hatte er den Amoklauf in einem Mitgliederbrief an seine Partei am Sonntag als rassistisch motiviert bezeichnet. „Die Tat von Hanau ist ein rassistisches Verbrechen. Ihr Motiv war Ausländerhaß. Auch wenn Ärzte heute von einem psychisch schwer geschädigten Täter sprechen“, heißt es in dem Schreiben. „Auch ein krankes Hirn kann eine rassistische Motivation haben“, ergänzte Gauland am Montag.
Parteiführung zeigt sich selbstkritisch
Chrupalla betonte, „die Berichterstattung, die uns mit diesen schrecklichen Taten in Verbindung zu bringen versucht, hat uns erschüttert“. Zugleich müsse die AfD sich „fragen, warum es unseren politischen Gegnern gelingt, uns überhaupt mit solch einem Verbrechen in Verbindung zu bringen. Dieser Frage müssen wir uns stellen, auch wenn es schwerfällt“.
Nach dem Verbrechen, bei dem der mutmaßliche Täter im hessischen Hanau zehn Menschen und sich selbst tötete, hatten die anderen Parteien und Journalisten der AfD eine Mitschuld gegeben. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Kantar im Auftrag der Bild am Sonntag glauben 60 Prozent der Deutschen, die AfD trage eine Mitverantwortung für rechtsextreme Gewalt. (ag)
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