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„Klima-Greta“: Hütet euch vor falschen Propheten

„Klima-Greta“: Hütet euch vor falschen Propheten

„Klima-Greta“: Hütet euch vor falschen Propheten

Greta
Greta
Greta Thunberg auf einer Konferenz in Brüssel Foto: picture alliance/abaca
„Klima-Greta“
 

Hütet euch vor falschen Propheten

Eine sich fortschrittlich wähnende Gesellschaft handelt sektenmäßig; in Greta-Maxima hat sie sich einen Götzen erschaffen. Störung der kollektiven Psyche: Wie eine aufgeklärte Gesellschaft in Infantilität umkippt.
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Die Rede der 16jährigen Greta Thunberg bei der Klima-Konferenz im Dezember 2018 in Kattowitz war eine Inszenierung für die Medien. Die seither als „Klima-Greta“ bekannte Schülerin sprach vor fast leeren Stuhlreihen, wohingegen die Kameraeinstellung dem Fernseh- und Youtube-Publikum eine gespannt lauschende Zuhörerschaft suggerierte.

Inhaltlich war die Ansprache so banal wie erwartbar und PR-orientiert: Ein bezopftes Persönchen aus Schweden, eine Mischung aus Pippi Langstrumpf und autistischem Backfisch, ließ aus der Tiefe seines von Karrierebedenken und Zweckrationalismus unverdorbenen Herzens ein beschwörendes Weltrettungspathos entsprießen. Ähnliches wiederholte sich bei ihrem Auftritt im Januar dieses Jahres anläßlich des Weltwirtschaftsforums in Davos.

„Klima-Greta“, die seit August 2018 in Stockholm mit freitäglicher Schulverweigerung gegen die Klimaerwärmung protestiert, ist weltweit zur Ikone für die „FridaysForFuture“-Schulstreiks, das heißt für demonstrierende, kreischende, hüpfende, plakatschwenkende Unterrichtsschwänzer geworden. Die Grünen-Wähler von morgen kündigen sich an.

Halbwüchsige als Machtfaktor

Greta steht, wie man weiß, nicht für sich allein. Die Eltern, einschlägige NGOs und Stiftungen haben sich an sie geheftet. Mit Kinder- und jugendlichen Nachwuchsstars verbinden sich gewöhnlich kommerzielle Interessen, aber hier geht es auch um Politik. Auf den Parteitagen in den Ländern des Ostblocks traten stets uniformierte Halbwüchsige auf, die in feurigen Reden der Kommunistischen Partei für ihre Politik zum Wohle der Kinder dankten.

Danach traten sie wieder zurück in die Kulissen, denn als Individuen waren sie nicht gefragt. Furchtbare Ausnahmen gab es in der Hochphase des Stalinismus. In der Sowjetunion wurde der zwölfjährige Pawel Morosow, der mit seinem drei Jahre jüngeren Bruder Fjodor die halbe Familie und zahlreiche Dorfbewohner als Feinde der Sowjetmacht denunzierte und ans Messer lieferte, als „Heldenpionier“ verehrt.

Auch Greta stellt bereits einen Machtfaktor dar. Die Umweltministerin der belgischen Region Flandern, Joke Schauvliege, mußte nach Kritik an der Schüleraktion zurücktreten. Sie hatte in öffentlicher Rede erklärt: „Ich kann Ihnen garantieren, daß ich nicht nur Geister sehe, sondern daß doch mehr dahintersteckt als nur eine spontane Solidaritätsaktion für unser Klima.“ Sie verabschiedete sich aus dem Amt mit den Worten, die Äußerungen seien ein Fehler gewesen, „aber keine Lüge“.

Greta-Kritik als Sakrileg

Schon wird Greta als Quelle der Erkenntnis gehandelt. Kein Rundfunksender und keine Zeitung mochte darauf verzichten, ihre Kritik am deutschen Kohle-Kompromiß zu vermelden. Auch ihre Forderung, reiche Länder müßten die Emissionen jährlich um 15 Prozent reduzieren, ging durch die Medien. Unklar ist bislang, ob und wie sie das Nordstream-Projekt beurteilt. Als CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak auf Twitter milde Kritik übte: „Oh, man … kein Wort von Arbeitsplätzen, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit. Nur pure Ideologie“, und ein nachsichtiges „Arme Greta“ hinterherschickte, erntete er Entrüstung. Eine Grünen-Politikerin nannte ihn sogar „unchristlich“. Greta-Kritik als Sakrileg!

„Die Klimakrise hat endlich ihre Erzählerin gefunden“, jubelte die Süddeutsche Zeitung. Ihre Eloge auf die kleine Schwedin legt unfreiwillig die verquere Logik der Greta-Jünger offen. Der Autor gibt zu, daß der Klimawandel sich nicht „mit Bestimmtheit vorhersagen“ läßt und die Hochrechnungen nur eine abstrakte Idee liefern. Dies erlaube es den meisten Menschen, vor der Bedrohung die Augen zu verschließen und sich hinter Ausflüchten zu verstecken.

„Insofern ist die Klimakrise auch eine Krise des Erzählens.“ Greta, die am Asperger-Syndrom, einer Variante des Autismus, leidet, sei der Fluchtweg versperrt. Ihr Gehirn sei „anders verdrahtet“, weshalb sie zur exklusiven Konzentration auf die Fakten befähigt sei. Diese ließen sie den Klimawandel „als die existentielle Gefahr“ begreifen, „die er ist“. Sie benötige kein illustrierendes Narrativ dafür.

Übergang zum objektiven Fanatismus

Nur geht es gar nicht um den „Klimawandel“ als solchen, denn den hat es schon gegeben, als der Mensch noch gar nicht existierte. Es ist auch keine Frage mehr, daß der Umweltschutz und die Schonung der Ressourcen weiterentwickelt werden müssen. Der Streit dreht sich zum einen darum, ob die Erderwärmung tatsächlich durch menschliches Handeln verursacht ist. Die andere, daran anknüpfende Streitfrage lautet, ob die vorgeschlagenen oder ergriffenen Maßnahmen überhaupt Wirkung zeigen und in einem vernünftigen Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen. Was kann der deutsche Kohleausstieg bewirken, wenn zur gleichen Zeit in China und Indien jedes Jahr Dutzende neue Kohlekraftwerke erbaut werden?

Zu den häufigen Symptomen der Asperger-Krankheit gehören gesteigerte intellektuelle Fähigkeiten auf einem begrenzten Gebiet. Die „Inselbegabungen“ gehen mit der Unfähigkeit zur Kommunikation und zum Nachvollzug gegenteiliger Standpunkte einher. Auf die Frage von Spiegel Online, ob sie akzeptieren könne, daß andere Menschen andere Meinungen zum Klima haben, antwortete Greta: „Ich höre diesen Menschen zu. Doch das hier ist ein Schwarz-Weiß-Thema: Entweder besteht unsere menschliche Zivilisation fort – oder nicht. Es gibt kein Grau, wenn es um unser Überleben geht.“ Ihre Kritiker täten ihr nur leid. Solche Aussagen lassen erahnen, wie ein Autismus, der durch die Außenwelt bestärkt und befeuert wird, in objektiven Fanatismus übergehen kann.

Am Ende kann auch Greta nicht liefern, was die versammelte Wissenschaft schuldig geblieben ist: den schlüssigen Beleg für die anthropogene Ursache des Klimawandels. Die Süddeutsche Zeitung setzt dennoch unter Berufung auf Gretas spezielle Hirnverdrahtung voraus, was wissenschaftlich unbewiesen ist. Greta Thunberg wird eine ähnliche Funktion zugeschrieben, die in vormodernen Gesellschaften von der weisen Frau, dem Orakel, der Pythia, der Sibylle, dem blinden Seher, dem Propheten wahrgenommen wurde.

Klimafrage als Zivilreligion

Als Propheten bezeichnete der Soziologe Max Weber einen, „der Kraft seiner Mission eine religiöse Lehre oder einen göttlichen Befehl verkündet“. Zugleich trägt er Züge eines „sozialethischen Lehrers“, der die Mitmenschen „zur Schöpfung ethischer Ordnungen zu bestimmen sucht“. Propheten sind dabei nicht nur die Künder, sondern selber Gefäße des Göttlichen. Zu ihren Merkmalen zählt das Moment der Plötzlichkeit, mit der sie aus dem Nichts auftauchen – so wie Greta in Kattowitz. Das fügt sich ein in die Behandlung der Klimafrage als Zivilreligion, als die Abfolge von Schuld, Reue, Buße und Aussicht auf Vergebung. Speziell in Deutschland bietet sie die tröstende Ergänzung zur Holocaust-Religion, die jene Aussicht auf Vergebung und Entsühnung verweigert.

Vor über hundert Jahren rief der Dichter Stefan George, damals ein Mittdreißiger, den 15jährigen Maximilian Kronberger zur epiphanischen Erscheinung aus und rief einen ästhetisierten Maximin-Kult ins Leben. In seinem 1907 erschienenen Band „Der siebente Ring“ ließ er seine Anhänger wissen: „Nun klagt nicht mehr – denn auch ihr wart erkoren –/ Dass eure tage unerfüllt entschwebt …/ Preist eure stadt die einen Gott geboren!/ Preist eure zeit in der ein Gott gelebt!“

Max Weber fragte spöttisch, was den Buben in Lederhosen denn als neuen Gott prädestiniere. Es handele sich um die rein private Angelegenheit des Dichter-Kreises, die für Außenstehende nichts bedeute. Tatsächlich war der Gott, der erlösen sollte, die Eigenschöpfung von Erlösungsbedürftigen. Für Weber war das ein Kennzeichen einer Sekte, einer Gemeinde vermeintlich Erleuchteter, die im gesellschaftlichen Abseits ihre selbstkreierten Kulte und gestörten Wahrnehmungen pflegten. Heute handelt die ganze, sich fortschrittlich wähnende Gesellschaft sektenmäßig; in Greta-Maxima hat sie sich aktuell einen Götzen erschaffen. Hier verbinden sich die dialektischen Veitstänze einer an sich irre gewordenen Aufklärung mit der Sehnsucht nach Wiederverzauberung der entzauberten Welt im Zeichen der Klima- und Welterrettung.

Tabula-rasa-Situation

Doch es geht auch um Politik. „Die Begrenzung der globalen Erwärmung erfordert schnelle, weitreichende und beispiellose Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft.“ So steht es im aktuellen IPCC-Report (Intergovernmental Panel on Climate Change, im Deutschen oft als „Weltklimarat“ bezeichnet). Eine globalistische Elite verlangt nach einer staatenübergreifenden Generalvollmacht. Zu ihrer Umsetzung benötigt sie Helfer und Aktivisten, im Zweifelsfall auch neue Morosows.

Der Rußland-Historiker Orlando Figes schreibt über das Morosow-Phänomen, es habe vor allem auf Waisenkinder eine vorbildhafte Wirkung ausgeübt, die keine familiären und normalen zwischenmenschlichen Strukturen kannten. Heute schafft die Abräumung traditioneller Strukturen – Familie, Nation, Geschlecht, Grenzen – eine Tabula-rasa-Situation, in der grüne Nachwuchspolitiker als Rote Khmer denkbar werden.

Der Greta-Kult mag schon bald vorbei sein oder durch einen neuen abgelöst werden. Die untergründige Störung in der kollektiven Psyche der westlichen Welt, deren Symptom er ist, bleibt virulent und gefährlich.

JF 9/19

Greta Thunberg auf einer Konferenz in Brüssel Foto: picture alliance/abaca
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